(zum Interview mit Renée Schroeder, TT 8.3.2019)
Als ich das Interview von Anita Heubacher mit Renée Schroeder über Frauen in der katholischen Kirche in der TT zum Weltfrauentag las, fragte ich mich mehrmals, von welchem Gott und von welcher Kirche Schroeder eigentlich ausgeht. Der größte Fehler beginnt schon bei der plumpen Kritik am Monotheismus, dem Schroeder die Schuld am Patriarchat und damit verbundener Unterdrückung der Frauen zuschiebt. Demgegenüber geht die jüdisch-christlich-islamische Tradition von einem Gottesbild aus, das weder mit stereotyp männlichen noch stereotyp weiblichen Fixierungen daherkommt. Gott ist vielmehr jene Ich-bin-da-Kraft (Jahwe, Allah) und göttliche Weisheit (Ruach-Geist), jene trinitarische Grundkonstante und jene Erfahrung von Liebe und Barmherzigkeit, die sich von Beginn an jeder Zuschreibung auf ein bestimmtes Gottesbild entzieht. Gott ist nicht ein kriegslüsterner Mars oder rachsüchtiger Jupiter, sondern die Lebendige, für die im Koran selbst 99 Namen nicht ausreichen und der schönste Name Gottes Barmherzigkeit ist, im Arabischen wie Hebräischen gleichbedeutend mit „Mutterschoß“. Mit diesem zentralen Denkansatz kann weiters gesagt werden: Jene Konstruktion Gottes, an die Schroeder denkt, lehnt auch die Bibel ab, an einen solchen Gott glauben die Katholiken zum Glück nicht. Solcher Glaube ist tatsächlich eine „Erfindung“. Gott ist vor allem Barmherzigkeit und Liebe und als solcher erfahrbar und glaubwürdig. Wenn ich weiters daran denke, was Kirche ist, so ist es kaum jenes Bild von Dutzenden Bischöfen in weißen Messgewändern – wie in der TT-Aufmachung, sondern ich sehe lebendige Pfarrgemeinden, Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die miteinander das Leben feiern. Die an Schroeder gestellten Fragen von Anita Heubacher sind letztlich suggestiv und irreführend. Maria Magdalena wird biblisch nicht als „Hure“ charakterisiert, sondern als mutige Apostelin. Maria als Mutter Gottes singt rebellische Lieder der Befreiung und widerspricht jedem Klischee einer passiven Unterordnung. Einmal mehr zeigt sich jedenfalls in diesem Nachdenken über Gott und die Religionen, wie wichtig eine Auseinandersetzung darüber in einem Religionen- und Ethikunterricht wäre, in dem auch Konfessionsfreie die Möglichkeit hätten, an ihren klischeehaft-antireligiösen Denkmustern zu arbeiten.
Dr. Klaus Heidegger, Vorsitzender der Katholischen Aktion der Diözese Innsbruck
Lieber Klaus, danke für deinen wunderbaren Kommentar zum TT-Artikel (den ich noch gar nicht gelesen habe). Deine qualifizierten, positiven Ausführungen gehen auf alle Fälle weit über jeden – wie auch immer geschriebenen – Artikel hinaus! Ich wünsche uns Christen aber auch voll Sehnsucht, dass wir die umfassende Gleichstellung der Frauen in ALLEN Bereichen der „Institution Kirche“ möglichst bald erfahren dürfen.
Herzliche Grüße
Reinhold
PS: „Gott ist vor allem Barmherzigkeit und Liebe …“ – vor allem durch meine Mama (die 10 Kinder in ihrem Mutterschoß getragen hat) wurde und wird mein Glaube durch ihr gelebtes Vorbild gestärkt. Ich freue mich schon darauf, ihr heute noch deine Zeilen als DANKE vorzulesen!
Sehr berührende Antwort! Danke für den Austausch.