Ein Foto liegt vor mir. Der Papst beim Revolutionsführer Fidel Castro in Havanna. Fidel Castro und Franziskus. Sie geben sich nicht nur eine Hand, sondern vier Hände, begegnen sich mit lateinamerikanischer Emotionalität. Beide Männer blicken sich dabei in die Augen. „Diese Wirtschaft tötet …“. Mit den Worten von Evangelii Gaudium könnte der gemeinsame Nenner der so unterschiedlichen Persönlichkeiten charakterisiert werden. In diesem Satz liegt wohl das größte Einverständnis. Vom legendären Held Kubas, Ernesto Che Guevara, stammt das berühmte Diktum „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“. Die Kubanerinnen und Kubaner rief der Papst mit ähnlichen Worten dazu auf, sich „wie Maria von der Zärtlichkeit der Revolution leiten zu lassen“.
Von der Karibikinsel geht die Reise in die USA weiter. Der Papst bei Barack Obama. Da ist zwar nicht mehr jene Herzlichkeit aus den Bildern zu lesen wie beim Händedruck zwischen Castro und dem Jesuiten-Papst, und dennoch: Wieder sind die beiden mächtigen Männer, Obama und Franziskus, scheinbar im Einklang.
In diesen Tagen ist Papst Franziskus seinem Titel Pontifex, „Brückenbauer“ zu sein, eindrucksvoll gerecht geworden. Die Brücke vom Vatikan zu einem ehemals kommunistischen Staat, in dem Atheismus Staatsdoktrin war und die Kirche oft brutal unterdrückt worden ist, wurde verfestigt. Papst Franziskus ist wohl auch bewusst über die neue Brücke zwischen zwei Staaten gegangen, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Kalten Krieg miteinander waren. Frieden ist möglich, steht auf dieser Brücke, weil Feindschaft überwunden wird. Mit Worten hat Papst Franziskus bei seiner letzten Rede auf Kuba die brückenbauende Dimension unterstrichen. Die Kirche müsse sich „dem Leben, der Kultur und der Gesellschaft verpflichtet fühlen (…) Brücken bauen und Versöhnung sähen“.
Und wieder baut Franziskus auf seiner Reise in die USA wohl die wichtigste Brücke. Er geht zu jenen Menschen, die am Rande der Gesellschaft zu finden sind. Es sind die Gefangen, die wegen irgendeines Verbrechen Verurteilten, unter ihnen viele, die von der Not in die Kriminalität getrieben worden sind.
Der Papst benützt diese Brücken auch, um zu sagen, was ihm wichtig ist. Es ist die Brücke zu allen Menschen, wo er einlädt, gemeinsam gegen die Zerstörung der Schöpfung – insbesondere im Hinblick auf die Klimaveränderung – aufzutreten, Flüchtlinge aufzunehmen, den Armen und Verarmten eine Stütze zu sein und dem neoliberalen Ausbeutungssystem Fesseln anzulegen.
Der Papst baut Brücken, während andere Staatsmänner Mauern errichten und Gräben aufreißen. Der neue Eiserne Vorhang an den Grenzen von Ungarn, die Gräben zwischen USA-NATO einerseits und Russland andererseits, die Unrechtsmauer zwischen dem Israelischen Staat und Palästina.
Es wäre schön, könnte der Papst gleich nach dem USA-Besuch zu Putin nach Russland reisen, nicht um seine menschenrechtswidrige Politik und seine Aufrüstung zu rechtfertigen, sondern als Zeichen: Diese Welt lässt sich nur retten, wenn Brücken gebaut werden.
Es ist ein Papst der seinem Namen gerecht wird, weil er an Franz von Assisi erinnert, der inmitten der Brutalität der Kreuzzüge das Gespräch mit dem Sultan suchte, weil der mittelalterliche Franziskus nicht mehr im bekämpften Muslim den Gegner sah, sondern einen, mit dem er die Gemeinsamkeiten im Glauben entdeckte.
Klaus Heidegger, 23.9.2015
Kommentare
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….und trotzdem ist die Heiligsprechung von P. Serra schwer zu verstehen!?