Schleimspuren einer Schleich-di-Kultur

In diesen frühlingshaften Wintertagen sind die Schlagzeilen und Meldungen der heimischen Presse Ausgedrucktes von den politischen Widerwärtigkeiten: OBERGRENZE FÜR FLÜCHTLINGE – ABSCHIEBUNGEN MIT HERCULES-TRANSPORTMASCHINEN – VERLÄNGERUNG DES GRUNDWEHRDIENSTES FÜR ASSISTENZEINSATZ AN DER GRENZE – STREIT UM DEUTSCH IN DER SCHULPAUSE – KÜRZUNGEN DER MINDESTSICHERUNGEN FÜR FLÜCHTLINGE – SCHÄRFSTES ASYLRECHT IN EUROPA …

Rechtsrechter Rechtsruck
Allerortens wird sichtbar, was ein rechtsrechter Rechtsruck bedeutet: In Oberösterreich will die schwarz-blaue Rechtsrechtsregierung die Mindestsicherung für Flüchtlinge von 914 auf 320 Euro kürzen. Orban-Ungarn lobt nun die heimische Politik. Noch vor einigen Monaten wurde die ungarische Politik wegen ihrer Knüppelpolitik gegenüber Flüchtlingen von denselben Politikern, die nun ungarische Politik betreiben, gerügt. Eine Innenministerin beteiligt sich am Griechenland-Bashing. Dabei hatte Griechenland seit vielen Jahren die Hauptlast der Flüchtlingskrise zu tragen. Allein im Jänner 2016 kamen 50.000 Flüchtlinge nach Griechenland – mehr, als Österreich willens ist, in einem Jahr aufzunehmen. Mikl-Leitner will, dass Griechenland stärker die EU-Außengrenzen sichert, heißt: niemand mehr soll rein. Zu Recht fragten ihre griechischen Regierungskollegen: Sollen wir auf die Flüchtlingsboote schießen? Das passt zu einer Aussage belgischer Regierungsleute, die griechische Politik möge die Flüchtlingsboote aufs Meer zurück schicken, egal was mit ihnen geschehe!

Unmenschliche Politik
Im Hintergrund steht eine Politik, die nicht gewillt ist, Menschlichkeit gegenüber den Asylsuchenden und Flüchtlingen zu zeigen. Wenn Österreich mit Maßnahmen wie „Asyl auf Zeit“ oder „keine Familienzusammenführung“ oder verstärkter Abschiebepraxis eine abschottende Abschreckungspolitik betreiben will, so wird damit nicht das Flüchtlingsproblem gelöst. Ein ummauertes Europa schafft die Tragödien im Mittelmeer, die auch die gegenwärtige Regierung und all jene, die die Regierung in diese Richtung antreiben, mitzuverantworten haben. Flüchtlinge kommen nicht zu uns, weil sie hier finanzielle Anreize finden, sondern weil sie aufgrund von Krieg und Verelendung aus ihren Heimatländern vertrieben werden. Wenn die Mindestsicherung in Österreich lediglich ein Prozent der Gesamtausgaben bei den Sozialkosten ausmacht, dann ist es zynisch, gerade hier den Rotstift anzusetzen. Es ist menschenverachtender Zynismus, wenn Politiker mit Gehältern von 10.000 Euro brutto aufwärts von Menschen verlangen, mit 320 Euro im Monat auszukommen, die zudem keine Privatwohnungen, kein Finanzkapital im Hintergrund, keine Zusatz-Usw. haben.

FPÖ und ihr Präsidenschaftskandidat
Zu alledem haben wir nun einen Präsidentschaftskandidaten, der traurige Berühmtheit erhielt, weil er die Wehrmachtsausstellung als linksextremes Teufelswerk abtat und das Verbotsgesetz in Frage stellte. Mit sanfter Stimme meinte er bereits bei seiner Kür zum FPÖ-Präsidentschaftskandidaten in puncto Flüchtlingspolitik, dass man nicht vergessen dürfe, dass es auch unter den Österreichern viele Schutzsuchende gebe. Denn ein Großteil der Flüchtlinge lande im Sozialsystem. Ob Norbert Hofer beim so genannten „Akademikerball“ in der Wiener Hofburg mit der Chef-Pegida-Aktivistin aus Dresden geplaudert hat, kann nur spekuliert werden. Die politische Übereinstimmung mit ihrer Anti-Flüchtlings- und Anti-Islambewegung kann aber angenommen werden.

Jahr der Barmherzigkeit
Das „Jahr der Barmherzigkeit“, das von Papst Franziskus mit Beginn des neuen Kirchenjahres ausgerufen wurde, will einen Kontrapunkt zu einer Politik der Unbarmherzigkeit sein. Die Ideen und Forderungen einer Barmherzigkeitspolitik sind breitgefächert: Die EU soll sich als Solidarunion bewähren, in der eine konzertierte Flüchtlingspolitik gemacht wird; wo Friedensdividenden stattfinden – Gelder für Armeen werden zu Geldern für Friedens- und Flüchtlingspolitik; wo die Entwicklungsbudgets erhöht werden, damit weniger Menschen flüchten werden; wo die Flüchtlinge auf die EU-Staaten je nach Möglichkeiten gerecht aufgeteilt werden. Die Kriegstreiberei wird einfach gestoppt, indem – wie es auch entsprechende internationale Verträge vorsähen – keine Waffen mehr für kriegerische Nationen geliefert werden; indem unermüdlich in Friedenskonferenzen nach politischen Lösungen gesucht wird.
Gibt es Hoffnung? Ja, wenn weiterhin 8000 auf der Straße sind und mit „Refugees-Welcome“-Schildern ein Zeichen setzen gegen ein tanzendes und sich selbst stärkendes rechts-rechtes Bündnis einer Schleich-di-Kultur. Das Sonntagsevanglium in den katholischen Kirchen gibt uns wiederum eine provozierende Handlungsanleitung. Im Lukasevangelium 4,21-30 spricht Jesus wieder so eindeutig davon, wer die Nächsten sind. Nicht, wie Khol und Co meinten, zunächst die „eigenen Leut“ und nicht eine Charity-Kultur, die Flüchtlinge in den Hintergrund rückt. Das Handeln Gottes, so dieser Jesus in seiner Antrittspredigt in Nazareth, beziehe sich auf Fremde, eine Witwe aus einem anderen Land und den Syrer (!!!!!) Naaman. Barmherzigkeit orientiert sich, so die jesuanische Logik, zuvorderst an den Opfern, den Schwächsten und den Ärmsten.