Dem Terror den Nährboden entziehen

Friedensfahne16Wenn Daesh und seine feigen, grausamen Terroristen eine Ausgeburt des nun schon fünfjährigen Krieges in Syrien sind und stets neu sich aus diesem Krieg ihre menschenfeindlichen Rechtfertigungen ziehen, dann muss endlich alles getan werden, um diesen Krieg zu beenden. Das würde bedeuten: Jegliche Waffenlieferungen an die Kriegsparteien einzustellen und keine Ölgeschäfte mit Handlangern des Daesh zu machen. Der Krieg muss ausgehungert werden und Friedensverhandlungen müssen Nahrung finden.

Wenn die selbsternannten Jihadisten in europäischen Hauptstädten vornehmlich aus der Erfahrung von Ausgrenzung und ökonomischem Prekariat entstammen, dann braucht es eine Abkehr von einer Politik, die solche Ausgrenzungen in Kauf nimmt und produziert. Wir brauchen Anstrengungen, die das Entstehen sozialer und kultureller Ghettos verhindern. Dazu gehört schon ein Bildungssystem, das nicht auf der einen Seite Eliten produziert und es auf der anderen Seite erschwert, dass junge Menschen in die Gesellschaft und das Wirtschaftssystem integriert werden.

Wenn sich europäische Staaten gemeinsam mit den USA immer wieder neu in Kriege mit vorwiegend islamischen Staaten verwickeln, wird dieser Krieg auch in europäische Hauptstädte getragen. Für eine Beendigung des Terrors braucht es mehr Phantasie und Kreativität als Bomben. Wenn Zeitungskommentatoren nun nach den Anschlägen in Brüssel eine internationale Militärallianz fordern, die mit Bodentruppen gegen die Kommandozentralen des IS im Nahen Osten vorgehen sollte (Mario Zehenhäusern, Tiroler Tageszeitung 23.3.2016), dann ist dies eine Richtung, die nur Öl ins Feuer gießt. Schon seit fast zwei Jahren gibt es eine Militärallianz unter der Führung der USA, die Luftangriffe auf die Terrormiliz IS im Irak und in Syrien fliegen. Seit einigen Monaten kämpfen auch US-Marineinfanteristen mit schwerer Artillerie im Nordirak. Syrische Rebellen, kurdische Verbände und die irakische Armee werden mit Waffenlieferungen versorgt. Krieg aber bringt keinen Frieden.

Was diese Welt braucht, sind nicht die Fanatiker, die nun nach dem Terror von Paris wieder neu gegen den Islam wettern, ja ihn am liebsten „ausräuchern“ möchten (ein österreichischer EU-Abgeordneter in einem nun bereits wieder gelöschten Facebook-Eintrag), sondern das friedliche Miteinander der Religionen. Islam hat so gar nichts mit Terror zu tun, wie unmittelbar nach den Brüsseler Anschlägen nun wieder neu die islamischen Repräsentanten von der Al-Azhar Universität in Kairo bis zur Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich bekräftigt haben. Das grenzenlose Leid der Opfer darf nicht genützt werden, um Stimmung gegen den Islam oder die Flüchtlinge zu machen, wie dies rechtspopulistische Kräfte in Europa – von AfD bis FPÖ – nun tun. Wenn Muslime an den Rand gedrängt werden, dann geht die Rechnung von Daesh auf, weil aus diesen Rändern die Extremisten herauskommen werden. Wer keine Chance auf ein Leben hat, gerät in Gefahr, sich zu radikalisieren. Ja, es gibt den radikalen Islam und es braucht eine genauso radikale Kritik an ihm, seien es die Wahabiten in den Saudi Arabien und den Golfstaaten, die von den europäischen Staaten mit Unmengen an Waffen beliefert werden und von den ölhungrigen Massen im Norden dieser Welt mitfinanziert werden, oder die Muslimbruderschaft, die zumindest eine Nähe zur türkischen AKP-Regierung hat.

Wer solche Analysen anstellt, merkt, wie sehr wir alle in diesem Europa verstrickt sind in eine kriegerische Welt. Wer in dieser Weise aber Verstrickungen entdeckt, kann beginnen, Verstrickungen zu lösen – auch durch einen Lebensstil, der weniger mit Ölverbrauch verknüpft ist. Gerade in einer Zeit, in der wir im „Osterreiseverkehr“ ersticken, in der auf Flughäfen und Autobahnen ein Gedränge herrscht, täte es gut daran zu denken, was mit unserem Verbrauch an Kerosin, Benzin und Diesel auch verknüpft ist.

Ein zusätzlicher Aspekt wurde bei den Anschlägen in Brüssel wieder mehr als deutlich. In der Nähe der belgischen Hauptstadt befinden sich zwei Atomkraftwerke. In keinem anderen Bereich ist dieses Europa verwundbarer. Jeder terroristische Anschlag auf ein AKW würde eine unvergleichliche Katastrophe bedeuten. Ausstieg aus atomarer Energie würde zu einer voraussehenden Terror-Prävention gehören, doch jene, die heute regieren, stellen das Militär vor ein AKW, statt es vom Netz zu nehmen.

Klaus Heidegger, 23.3.2016

Kommentare

  1. Lieber Herr Heidelberg, DANKE für ihre Gedanken. Nur so könnte es gehen, weg von der Manipulation, aber dafür Aufklärung in die richtige Richtung. Eine schöne Zeit lg Elisabeth

  2. Besonders die Zusammenhänge des Terrorismus mit unserem Öl-, also Kerosin-, Benzin- und Dieselverbrauch sowie der Hinweis auf die Verwundbarkeit der Atomkraftwerke EUropas sind bedenkenswert – jeder, der sich um unsere gemeinsame Sicherheit sorgt, sollte diese Argumente beachten und danach handeln.

  3. Diese breite u vernetzte Sicht fehlt in den gegenwärtigen „Interpretationen“ der Ereignisse vollkommen. Dazu zählt auch die Weigerung, koloniale Schuld zu bekennen und daraus entsprechendes Handeln – politisch, ökonomisch – folgen zu lassen. Solange sich da nichts tut, hängt den sogenannten europäischen Werten immer der Makel interessegeleiteter Ideologie an.

  4. Lieber Herr Dr. Heidegger

    Danke für diesen Artikel! Sie formulieren, was ich mir denke und das tut gut! So hoffe und wünsche ich, dass sich Ihre Zeilen verbreiten und viele Menschen in diesem Sinn argumentieren und handeln!

    Frohe und gesegnete Ostern
    Katrin Graf

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