Die Geschichte einer schlechten Verliererin

 

Die FPÖ hat sich seit dem Ergebnis der Stichwahl vom Mai 2016 als schlechte Verliererin ausgegeben. Von Beginn an signalisierte die FPÖ-Spitze, dass sie das knappe Wahlergebnis anfechten werde. So wurde die Verschwörungstheorie der Wahlmanipulation erfunden und der Prozess einer Wahlanfechtung und Wahlprüfung durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) in die Wege geleitet.

Wer demokratisch denkt und die Ergebnisse einer Wahl respektiert, müsste jedoch festhalten: VdB hat mit gut 30.000 Stimmen gegenüber Hofer die Wahl gewonnen. Punkt. Dass es bei jeder Wahl Schlampereien bzw. Formfehler bei der Durchführung der Wahl oder der Auszählung von Wahlstimmen gibt, davon konnte man freilich ausgehen. Solche „Fehler“ oder Ungenauigkeiten dürften aber nicht bewusst so geschehen sein, dass dadurch das Ergebnis einer Wahl betroffen wäre. Vielmehr ist dies wahrscheinlich auch Resultat einer österreichischen Mentalität, sich nicht immer autoritär-staatlich exakt an den Buchstaben des Gesetzes und der Vorschriften zu halten.

Der VfGH hat eindeutig festgestellt, dass es keine Wahlmanipulation gegeben hat. Der Präsident des VfGH als oberster Hüter der Verfassung erklärte dazu, dass das Ergebnis in den kritisierten 14 Bezirken weder auffällig noch ungewöhnlich sei. Dass in einigen wenigen Fällen die Wahlkuverts zu früh geöffnet und vorsortiert worden sind und dass in einigen wenigen Fällen die Wahlbehörden die Ergebnisse zu früh bekannt gegeben hätten, könne nicht als Manipulation gewertet  werden.

Das Ergebnis des VfGH, die Wahl zu wiederholen, ist zu respektieren, auch wenn es für mich mit etlichen Fragezeichen verbunden bleibt. Ich stimme Kommentatoren wie Eric Frey (DER STANDARD, 2.7.2016) zu, die von einem gefährlichen und überzogenen „Rechtsfundamentalismus“ sprechen. Der VfGH hätte zwar die Schlampereien bzw. zu freizügigen Interpretationen des Wahlvorgangs benennen und Ermahnungen aussprechen können, dass in Hinkunft solche unterlassen werden, es gab jedoch keinen Anlass, die Wahl wirklich aufzuheben. Das Resultat könnte nun sein, dass bei der zweiten Stichwahl die legitime Wahl von VdB nichts mehr zählt und Österreich einen Bundespräsidenten hat, der durch eine fragwürdige Wahlaufhebung in sein Amt gehievt wird.

Mit der Wahlanfechtung hat die FPÖ einmal mehr ihr wahres Gesicht gezeigt. Sie akzeptiert nicht den Rechtsstaat und Ergebnisse einer Wahl, sondern kämpft bis zu einem Endsieg mit allen Mitteln der Rechtsdrehung, der Verunglimpfung und mit Verschwörungstheorien. Wenn sie eine Wahl verliert, dann sieht sie sich als „Opfer“, anstatt die Fakten einer Niederlage anzuerkennen. Was der VfGH beanstandete, war teils gewohnte Routine bei Wahlen in Österreich. Auch bis zur zweiten Runde der Bundespräsidentschaftswahlen hatte sich die FPÖ nie daran gestoßen. Erst als es galt, ihren Kandidaten durchzuboxen, suchte die FPÖ nach Formfehlern. Eine Partei, die in der Vergangenheit mehrmals die Erkenntnisse des VfGH missachtete, wirkt unglaubwürdig, wenn sie sich nun selbst als Hüterin der Demokratie aufspielt.

Der internationale Ruf Österreichs ist dieser Partei, die so gerne „Österreich zuerst“ und „Heimatliebe“ plakatiert, dabei völlig wurscht. Hätte VdB die Stichwahl verloren, so glaube ich nicht, dass von seiner Seite eine Wahlanfechtung erfolgt wäre. Allein diese Tatsache genügt schon neben tausend anderen als Wahlempfehlung, im Herbst noch einmal für VdB zu stimmen.

Klaus Heidegger, 3. Juli 2016