Sg. Herr Bundespräsidentschaftskandidat Van der Bellen!
Es gibt 1000 Gründe, warum ich Ihnen bei der Stichwahl am 2. Oktober meine Stimme geben werde. Allerdings war ich außerordentlich verwundert, dass Sie am vergangenen Wochenende auch die Airpower 2016 in Zeltweg hofierten. Damit haben Sie viele Menschen aus Umweltschutzinitiativen oder der Sozial- und Friedensbewegung, die Sie mit Engagement unterstützen, irritiert. Airpower 2016 passt zu den politischen Absichten von Norbert Hofer, wohl aber nicht zu einem VdB.
Ich erinnere an die lange Geschichte der Eurofighter, die bei der Flugshow bei Zeltweg im Einsatz waren. Die Grünen waren stets geschlossen gegen den Eurofighter-Kauf. Ich selbst engagierte mich Ende der 80er-Jahre in einem Camp bei Granz-Thalerhof, wo wir gegen die Stationierung der Kampfjets demonstrierten. Aus heutiger Sicht haben die friedensbewegten Menschen von damals Recht gehabt. Der Kauf der Eurofighter war und bleibt eine finanzielle Katastrophe für Österreich. „In einer Zeit, wo jeder Schilling bei einem Notstandshilfe-Empfänger überprüft wird, ist nicht einzusehen, dass wir für etwas, das wir nicht brauchen, Milliarden ausgeben“. Diese Aussage von Ihnen ist zwar 18 Jahre alt, trifft aber heute noch genauso zu. Heute, wo über die Kürzung der Mindestsicherung debattiert wird, sind die Kosten für die Bundesheer-Red Bull-Show sozialpolitisch unverantwortlich.
Wo liegt der Nutzen für eine zweitägige Show, die in den vergangenen Jahren – so der Rechnungshofbericht – an die 12 Millionen Euro an Steuergeldern kostete? Täglich neu liefern uns die Medien Bilder aus den Kriegsgebieten von der Zerstörungskraft, die von Kampfflugzeugen ausgehen. Wir brauchen keine sündteure Show um zu wissen, was die Kampfjets können. Bekannt sind die Kosten von 67.000 Euro, die eine einzige Flugstunde mit dem Eurofighter beträgt.
All dies findet in einer Zeit statt, in der die heimische Armee unter Verteidigungsminister Doskozil im Aufwind ist. Der Sparkurs für das Bundesheer ist beendet. Cui bono? Waren unter den 270 Flugzeugen auch die Hercules, mit denen Flüchtlinge abgeschoben oder heimische Soldaten zu den Einsatzorten der Flüchtlingsabwehr an der ungarisch-serbischen Grenze geflogen werden?
Immer wieder haben Sie in Ihrer politischen Vergangenheit klar gemacht, dass Ihnen Umweltschutz- und Klimaziele ein besonderes Anliegen sind. Die Airshow im obersteirischen Aichfeld ist der totale Widerspruch zu diesen Anliegen. Beispielhaft dafür ist allein die Tatsache, dass die Turbinen eines Eurofighter pro Stunde 3.500 kg Kerosin verbrennen.
Ökologisch problematisch ist auch die Sanktionierung des Dosenimperiums Red Bull. Jede produzierte Dose steht im Widerspruch zu Umweltschutzinitiativen, zur Solidarität mit den Völkern in den Regenwäldern dieser Welt, deren Lebensbedingungen durch Bauxitabbau und riesige Kraftwerke bedroht werden.
Ich hoffe nun, dass Sie in den kommenden Wochen des Bundespräsidentschaftswahlkampfs andere symbolische Orte besuchen, auch wenn Sie dadurch vielleicht nicht neue Stimmen gewinnen können. Orte, wo heute langfristige Arbeitsmaßnahmen in strukturschwachen Gebieten gesetzt werden – da gäbe es doch eine Schuhwerkstatt im Waldviertel! Orte, wo Gemeinden schon jetzt energieautark geworden sind – in denke an Güssing. Und nicht vergessen: Die Flüchtlinge in Traiskirchen brauchen auch Ihre Solidarität.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Heidegger, 5. 9. 2016
Lieber Klaus, für Leute, die Dich nicht kennen, kein Internet haben u.s.w. wäre ein gedruckter Leserbrief wichtig! Jedenfalls: danke!!!!! Du hast mir aus der Seele gesprochen. Ulrike 🌷
Lieber Klaus,
Du bringst die Gedanken und Gefühle auf den Punkt, die ich beim Lesen der entsprechenden Meldung im STANDARD hatte. Ich danke Die dafür!
Ich empfinde insgesamt das Verhalten und die Strategie der Grünen immer populistischer und mainstream-mäßig. Ich bin sehr enttäuscht. Karl