Aktiv neutral oder kriegsbeteiligt

 

osceVor einer Woche wurde noch der Neutralitätsfeiertag gefeiert. Das heimische Militär und seine Führung taten es auf ihre Art und ließen Kinder bei Heeresschauen auf Panzer klettern, präsentierten stolz ihre Kriegsgeräte und feierten den kräftigen finanziellen Rückenwind, der heute überall in Europa für die Militärs bläst. Das Credo aus dem Jahre 1955, das zum Herzen der österreichischen Verfassung zählt, sich nie wieder an Kriegen zu beteiligen, sich nie wieder an militärischen Bündnissen zu beteiligen, keine fremden Truppen auf heimischem Territorium zu stationieren und österreichische Soldaten nur zu Friedenszwecken im Rahmen der UNO ins Ausland zu senden, wird von der gegenwärtigen Regierung nicht mehr ernst genommen. Heute heißt es stolz: „65 Soldaten für die EU-Außengrenze“ (TT 4.11.2016). Österreichische Soldaten schütteln dem ungarischen Verteidigungsminister die Hand. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil assistiert. Noch haben wir keine blaue Regierung, doch wird schon das umgesetzt, was der FPÖ-Obmann gerne hätte. Österreich im Bund mit dem ungarischen Militär, um die ungarisch-serbische Grenze gegen Flüchtlinge dicht zu machen. Österreich im Bündnis mit Orbán-Ungarn und seiner rechtspopulistischen Politik gegen Flüchtlinge.

Dabei hätte das offizielle Österreich im Kontext einer aktiven Neutralitätspolitik so viele andere Möglichkeiten. Im Jahr 2017 übernimmt Österreich den OSZE-Vorsitz. Damit könnte sich das neutrale Österreich in besonderer Weise dafür engagieren, wie Frieden und Sicherheit in Europa ohne militärische Gewalt garantiert werden könnten: Nicht durch eine Beteiligung an militärischer Flüchtlingsabwehr, sondern durch Kooperationen im Rahmen der OSZE. Damit würde „auf das richtige Pferd“ gesetzt. Wie wäre es beispielsweise mit einer größeren Beteiligung von Polizeikräften bei der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine?

Dr. Klaus Heidegger, 4.11.2016