Keine Schönrederei
Der Wahlsieg von Donald Trump kann und soll nicht beschönigt werden mit Sätzen wie „das amerikanische Volk hat entschieden, die Entscheidung ist zu akzeptieren“. Ja, demokratische Entscheidungen sind zu akzeptieren, nicht jedoch kann und will ich respektieren, wofür Trump und der Trumpismus – bald wird es wohl auch dieses Wort geben – stehen. Es sei auch hinzugefügt: Die Mehrheit der US-Wähler und -Wählerinnen hat nicht Trump gewählt.
Erschrecken
Die Werte und Inhalte des designierten neuen US-amerikanischen Präsidenten erschrecken mich. Trump ist ein Epigone von politischen Hasardeuren, die in den vergangenen Jahrhunderten zu oft schon Entsetzen, Zerstörung und Chaos in die Welt gebracht haben. Ich gestehe es mir ein: Dieser Mann macht mir Angst! Wenn Trump ab 20. Jänner im Weißen Haus agieren wird, dann ist er ein Weltenlenker mit dem größten Arsenal an Atomsprengköpfen und mit der größten Kriegsmaschine. Zig Aussagen aus der Wahlkampfzeit verheißen nichts Gutes: Er möchte die Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran neu aufrollen. Die Kriegsgefahr wird steigen. Er möchte eine Politik egoistischer Abschottung. Bekannt ist jenes Diktum, das er während seiner Kampagne in unterschiedlichen Variationen menetekelte: „Am 1. Tag meiner Präsidentschaft werde ich an der Mauer gegen Mexiko bauen.“ Sein Machismus und seine Frauenfeindlichkeit und seine diskriminierenden und rassistischen Äußerungen widern mich an. Vor allem aber ist es ein dunkler Tag für eine vernünftige Umwelt- und Klimapolitik. Im Weißen Haus wird ein Mann sitzen, der den Klimawandel als chinesischen Hoax bezeichnete.
Die Zeit der populistischen Verführer
Leider ist Trump in der Gegenwärtigkeit dieser Welt keine Einzelerscheinung. Das Jahr 2016 wird wohl in das Geschichtsbuch eingehen als ein Jahr, wo rechts-populistische, autokratische Führer in wilder Manier immer mehr die Herrschaft übernehmen. Wir erleben einen Erdogan, der selbst vor einer Inhaftierung von demokratisch gewählten Abgeordneten und einer Aufhebung der Pressefreiheit nicht zurückschreckt. Wir erleben einen Putin, der mit militärischer Muskelpolitik Städte wie Aleppo bombardieren lässt und im Osten Europas mit dem Feuer spielt. Wir erleben einen Orbán und seine – auch vom offiziellen Österreich unterstützte – Antiflüchtlingspolitik. Wir sehen in europäischen Ländern rechts-populistische Führerfiguren Wahlsiege einfahren – kein Wunder, dass aus diesem Eck auch die ersten Gratulanten für Donald Trump kamen.
Der Widerstand muss gepflegt werden
Gegen den Trumpismus jenseits und diesseits des Atlantiks müssen sich heute friedens-, umwelt- und sozialbewegte Menschen zusammentun. Die Antwort auf Ronald Reagan und seine Aufrüstungsprogramme war eine weltweite Friedensbewegung, beispielsweise gegen die NATO-Nachrüstungsbeschlüsse. Die Antwort auf die Kriege eines George W. Bush sen. war die Anti-Golfkriegsbewegung. Ich vertraue darauf, dass es in den USA, in den Ländern, mit denen Amerika verbündet ist und in vielen Staaten dieser Welt Millionen Menschen gibt, die ihren Weg finden werden, um einen Trump zu lähmen, wenn er beginnen sollte, gegen Menschen und Nationen eine menschenrechtswidrige Politik zu machen. Der Widerstand wird überall dort gelebt werden, wo Menschen nicht so leben, wie es bei Trump verkörpert wird.
Jetzt schon achtsam leben und das Klima schützen; jetzt schon jeglicher Verkettung in militärische Strukturen ablehnen; jetzt schon eine Willkommenskultur für Flüchtlinge pflegen. Das kann jeder und jede einzelne. Aber auch die europäischen Länder könnten zeigen, dass sie nicht wie Trump ticken. Angela Merkel sagte es vernünftig und mäßigend, dass sie eine Zusammenarbeit mit Donald Trump nur auf einer Gemeinsamkeit von Werten sieht. Hier wird schon sichtbar, dass sie sich nicht einer unkritischen Bündnistreue hingeben wird. Am 4. Dezember wird in Österreich die Möglichkeit bestehen, nicht eine Partei zu wählen, die programmatisch und vom Stil her in vieler Hinsicht in das Schema eines Donald Trump passt.
Ein Denkzettel für die Religionen
Unverständlich bleibt für mich die Tatsache, warum US-Katholiken mehrheitlich (52 Prozent)[1] für Trump gestimmt hatten. Die Widersprüche zwischen dem Anspruch des Evangeliums und den politischen Äußerungen Trumps sind offensichtlich. Papst Franziskus meinte bei seinem USA-Besuch vor einigen Monaten, dass sich jemand nicht als Christ bezeichnen könne, der zugleich eine Mauer gegen Flüchtende bauen will. Es war klar, dass dies an die Adresse Trumps gerichtet war. Evangelikale Christen hatten sich – mit Ausnahme der schwarzen Communities – überwiegend für Trump ausgesprochen. Für mich als Religionslehrer, Christ, Theologe und gewählter Vertreter einer katholischen Organisation ist es ein Widerspruch. Die Trump’sche Politik ist nicht kompatibel mit dem Evangelium. „Man kann nicht zwei Herren dienen“, lautet ein vielzitiertes Jesuslogion.
Das andere Amerika jenseits von Trump gibt mir noch Hoffnung: Jene Menschen in der Tradition eines M.L.King und der Bürgerrechtsbewegung, eines Daniel Berrigan und der Pflugscharbewegung, einer Dorothy Day und der Catholic Workers und so viele Menschen, auch meine Freunde und Freundinnen in den USA, die in diesen Tagen enttäuscht auf den Wahlausgang blicken und gerade deswegen aber nicht aufgeben werden, für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einzutreten.
[1] Vgl. KATHPRESS Tagesdienst Nr.277, 9. November 2016.
Gratulation und Dank für die Worte.
Emanuela
Gott mit uns
Sie sprechen mir aus der Seele.
Leider fällt jedoch unsere Kirche einem Pfarrer, der vor dieser Gefahr warnt, in den Rücken. Ich bin von dieser Reaktion zutiefst emtsetzt und geschockt.