Die biblische Duftmarke von Advent und Weihnachten riecht nicht nach Punsch, Zimt und Orangenschalen. Sie hat mit Umkehr und Aufbruch zu einem Reich der Gerechtigkeit und des Friedens zu tun. Sie ist hochpolitisch. So beginnt auch der erste Adventssonntag in der kirchlichen Verkündigung mit einer Mahnung zur Achtsamkeit und dem Hinweis auf den 2. Advent, auf die Ankunft des Menschensohnes und damit auf den Anbruch vom „Reich Gottes“. Was bedeutet diese politische Botschaft für uns Menschen im Hier und im Heute? Einige Impulse möchte ich im Laufe der Adventszeit in meinen Wirkungsbereichen als Überlegung anbieten und zur Diskussion stellen.
Der heimische Handel startete den Advent mit einem „Black Friday“ und lockte die Massen mit Rabatten in Geschäfte und Einkaufszentren. Die Umwelt bricht unter dem Massenkonsum zusammen und die Ressourcen erschöpfen sich. Und dennoch bleibt die Ölproduktion auf Rekordniveau. Und dennoch sind die Preise für Öl, Benzin und Diesel ganz unten. Das Klima wird durch Massenproduktion und Massenverkehr zerstört. Ständig steigt der Verkehr und mit ihm steigen die Belastungen durch Emissionen, Lärm und Landschaftsverbrauch. Giftstoffe fressen sich in den Lungen der Menschen fest und dennoch wird Diesel weiterhin steuerlich begünstigt. Statistisch gesehen stirbt in Österreich jeden Tag mehr als 1 Person im Straßenverkehr – Abertausende werden schwer verletzt. Doch die fast verbrecherische Sucht nach schnellen Autos ist ungebremst.
Wie die adventliche Gestalt des Johannes des Täufers warnen heute Experten vor den sich abzeichnenden Katastrophen. So der US-amerikanische Starökonom Jeremy Rifkin bei einem Vortrag in Kitzbühel: „Weltweit nehmen je nach Region Starkregen, Schneestürme, Hurricans, Trockenheit zu. Unser Ökosystem bricht zusammen! Der Klimawandel ist Realität.“ (Tiroler Tageszeitung, 26.11.2016) Zur Zeit brennen Wälder in Israel und Palästina aufgrund der Austrocknung von Gebieten. Verbunden mit solchen apokalyptischen Gerichtspredigten ist der Ruf zur Umkehr. Für Rifkin hieße das: „Wir müssen innerhalb von vier Jahrzehnten die CO2-Produktion abstellen.“
Genau unter den Zeilen, wo dieses Zitat zu finden ist, befindet sich wie eine Ironie eine Dreiviertelseite Werbung für ein neues Produkt aus dem Hause Mercedes. Das „Traumauto“ mit Dieselmotor. Und wieder füllt ein ganzes „Buch“ die schwere Wochenendausgabe der größten Tageszeitungen Österreichs. Nach den zuletzt von Regierungsseite beworbenen Elektroautos muss man jedoch auf diesen Seiten vergeblich suchen. Ein verlogener Double-Speech der politisch Verantwortlichen ist an der Tagesordnung. Die Pariser Klimabeschlüsse werden unterzeichnet und gleichzeitig werden der individuelle Straßenverkehr und fossiler Verbrauch massiv gefördert. Einer der beiden Präsidentschaftskandidaten ist Kandidat jener Partei, die sich gegen jegliche Einschränkungen im Bereich der Automobilität einsetzt und damit versucht, die Stimmungen der autofahrenden Bevölkerung für sich auszunützen.
Obwohl Fliegen die klimaschädlichste Art der Fortbewegung ist, wird sie – gerade jetzt auch vor den Weihnachtsferien – massiv beworben. Vom Staat her wird sie steuerlich begünstigt. Während jeder Bahnfahrende Umsatzsteuer und Energieabgabe durch sein Ticket mitbezahlt, sind Flugpassagiere von solchen Steuern ausgenommen. Allein dadurch entgehen dem Staat jährlich eine halbe Milliarde Euro. Dies kommt dem kleinen Prozentsatz jener wohlhabenden Elite zugute, die sich häufiges Fliegen leisten kann.
Obwohl längst bekannt ist, dass der hohe Fleischkonsum – 100 Kilogramm Fleisch pro Person und Jahr in Österreich – wesentlich zu den hohen Treibhausgas-Emissionen beiträgt, ist kaum eine Änderung im Konsumverhalten sichtbar.
Die Adventszeit und Weihnachten sind eine Chance, sich neu auf einen nachhaltigen Lebensstil einzulassen, der Rücksicht nimmt auf Mensch und Umwelt. Die Wochen der Vorbereitung auf Weihnachten können eine bewusste Einübung in einen neuen Lebensstil sein. In der kirchlichen Tradition ist es auch eine Zeit der Einkehr, Umkehr und Buße.
Adventliche Vorbereitungen wären: „Kauf-nix-Tage“ statt ein Run in die Einkaufszentren. Weniger Lichtverschmutzung statt noch ein leuchtendes LED-Rentier in den Garten zu stellen. Wenn die Airlines für weihnachtliche Flugreisen werben, dann halten wir entgegen: Kekse backen, statt Koffer packen. Und wenn es unbedingt ein Christbaum sein muss, dann hat er eine Herkunftsschleife aus heimischem Handel und ein Biozertifikat. Er würde geschmückt ohne Schnee-Spray, Lametta und Plastikkugeln; seine Kerzen wären aus Bienenwachs. Geschenke würden in Up-Cycling-Papier verpackt. Beim Schenken schließlich würde auch an jene gedacht, die in extremen Notsituationen sind. Kirchliche Entwicklungshilfeorganisationen oder die Caritas bieten dazu Spendenmöglichkeiten an, die hundertprozentig seriös sind – mit Spendengütesiegel und steuerlichen Abschreibmöglichkeiten. Der Speiseplan und die Einkaufszettel orientieren sich an Lebensmitteln, die regional, saisonal und mit einem kleinen ökologischen Fußabdruck verknüpft sind. Fleischprodukte scheiden deswegen meist aus. Der Advent könnte ein Versuch sein, selbst „Klimatarier“ zu werden und einem klimafreundlichen Speiseplan zu folgen. Im Advent können wir jedenfalls die ganze Kreativität für einen nachhaltigen Lebensstil entfalten, ausprobieren und einüben.
Klaus Heidegger, zum 1. Adventsonntag 2016
Als kleine Ergänzung, meine Gedanken zum Beginn des Advent.
Advent 2016
Gerne und oft hört man in der Adventzeit den Wunsch vieler Menschen, die „stillste“ Zeit im Jahr in Ruhe und entschleunigt erleben zu wollen. „Die besinnliche Adventzeit genießen zu können“ war eine Aussage, die mir unlängst zu Ohren kam.
Irgendetwas störte mich an diesem Satz!
Es muss alles mit Genuß zusammenhängen, dachte ich mir. Zeit genießen, einen Punsch genießen, selbstgebackene Kekse genießen, Besinnung genießen, …
Da stellt sich mir die Frage, kann man Besinnung, eine besinnliche Zeit genießen? Oder geht es nicht vielmehr darum, in der Vorbereitung auf Weihnachten besinnlich zu werden? Sich immer wieder auf’s Neue nach dem Sinn, dem eigenen und dem des Ganzen zu fragen und dem, was diesen Sinn erfüllt auf den Grund gehen?
Vielleicht liegt gerade darin eine Chance, wenn wir uns dem Genuß- (und Konsum-)wahn widersetzen und unser Augenmerk auf unser aktives Besinnen legen. Vielleicht wird diese Adventzeit gerade dadurch zu einer besinnlichen Zeit. Vielleicht kommt der ein oder die andere dadurch zur Besinnung!
In diesem Sinne, eine besinnliche Adventzeit euch allen!
Das ist ja alles richtig. Durchaus zu unterschreiben… Aber irgendwie… Ich habe mir für den heurigen Advent vorgenommen meine Ausgaben so weit wie möglich zurückzuschrauben… Nicht aus Verzichtgründen allein, sondern aus Einkommensmangel auch… so viel wie möglich mit anderen Menschen gemeinsam erleben ohne zu konsumieren… gestern z.B. ein Adventsingen mit Van der Bellen-Unterstützern in der Innsbrucker Altstadt. War besinnlich, hat Spaß gemacht und ganz viel zwischenmenschliche Wärme erzeugt… und mich gar nichts gekostet, außer ein bissl Zeit…