Die frohe Botschaft für die Armen
Johannes der Täufer, der Prophet und die adventliche Leitgestalt, prangte die massive Ungerechtigkeit zu seiner Zeit an. Unerschrocken und klar deckte er die Strukturen der Ausbeutung auf. Das war unbequem für die Mächtigen. Das war aber auch unbequem für diejenigen, die zum Widerstand herausgefordert waren. Mehr als 90 Prozent der jüdischen Bevölkerung Palästinas lebte damals in Elend und Armut. Als Johannes – bereits im Gefängnis – seine Leute aussandte, um herauszufinden, ob denn Jesus der erwartete Messias sei, kamen diese mit der Botschaft zurück: „Den Armen wird die frohe Botschaft verkündet.“ (Matthäus 11,1-20)
Die schlechte Ausgangslage für die Armen
Weltweit und in Österreich wächst die Kluft zwischen Arm und Reich. Laut österreichischem Caritas-Präsidenten sind heute in Österreich 1,2 Millionen Menschen arm oder armutsgefährdet. Es findet ein Downsizing im Bereich der Mindestsicherungen statt. Die schwarz-blaue Regierung in Oberösterreich hat damit begonnen und andere ziehen nun nach. Der freiheitliche Parteichef denunziert generell die Mindestsicherungsbezieher. Von ihnen gäbe es viel zu viele. (KURIER, 27.11.2016) Dabei betragen die Aufwendungen für die Mindestsicherung mit 1 Milliarde Euro lediglich ein Prozent der Gesamtaufwendungen für den Sozialbereich. Die ersten Opfer von solchen sozialen Kürzungen sind jene, die besonders darauf angewiesen sind: Anerkannte Flüchtlinge. Zugleich wird der „Pensionshunderter“ nach dem Gießkannenprinzip verteilt. Hier hätte es zumindest eine Möglichkeit gegeben, dass nicht Höchstpensionsbezieher in gleicher Weise „bedient“ werden wie Mindestpensionisten. In diese Richtung ging auch eine Stellungnahme der Präsidentin der Katholischen Aktion Österreichs.
Kein guter Advent – kein gutes Ankommen für Flüchtlinge
Die letzten Jahre haben die Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden massiv erschwert. Monat für Monat wird des für sie schwieriger, in den Staaten der EU um Asyl anzusuchen. Obergrenzen, Grenzmanagement und Abschiebungen sind Markenzeichen im politischen Advent des Jahres 2016 in Österreich und anderen EU-Staaten.
Menschen sterben auch hier in Tirol auf der Flucht. Am 1. Adventsonntagswochenende ist es ein 17-Jähriger Flüchtling aus Eritrea, der an der Brennerroute stirbt, weil er auf einem Güterzug nach Deutschland wollte. Am Vorabend zum 2. Advent erfrieren auf der Ladefläche eines Güterzuges auf der Strecke Brenner – Wörgl drei Flüchtlinge und werden beim Entladen von den Lastzügen überrollt. In der Wochenendausgabe der Tiroler Tageszeitung zum 2. Adventssonntag liest sich das so: „Sie riskieren ihr Leben. Verstecken sich bei Eiseskälte in Hohlräumen von Sattelaufliegern oder klettern in Container, die auf Güterzügen stehen. Wie lange die Flüchtlinge so unterwegs sind, weiß oft niemand. Die Gefahren durch Oberleitungen oder durch andere Züge nehmen die Menschen billigend in Kauf, oder sie sind sich ihrer erst gar nicht bewusst.“ (Tiroler Tageszeitung, 3.12.2016) In den Sozialen Medien werden Bilder geteilt, die uns zeigen, worauf die biblischen Propheten von damals heute zeigen würden: Flüchtlinge in Zeltlagern in Griechenland im Schnee; Flüchtlinge verdurstend auf dem Weg durch die Wüste oder Schiffsplanken von Flüchtlingsbooten, die im Mittelmeer gekentert sind. An die 5000 Menschen sind allein in diesem Jahr bereits auf der Überfahrt im Mittelmeer ertrunken. Je dichter die Grenzen für Flüchtlinge, desto größer das Risiko, das diese auf sich nehmen. Das offizielle Österreich schickt Soldaten nach Ungarn, um diese Grenzen dicht zu machen. An der heimischen Grenze patroulliert längst das heimische Heer im „Assistenzeinsatz“. Stolz verkündet der Verteidigungsminister, dass Österreich „seine Hausaufgabe“ gemacht habe. (KRONE, 29.11.2016)
Gute Nachrichten
Wenn sich am 1. Adventswochenende in Wien 1300 Menschen versammeln, um gegen die Abschiebepraxis zu demonstrieren, so wird hier so deutlich, was Weihnachten bedeutet. Die Geburt einer Flüchtlingsfamilie in Betlehem kann verknüpft werden mit einem Einsatz für Flüchtlinge in unserem Land 2016 Jahre später.
Wenn sich die Kirche mit ihren Organisationen und Vertreterinnen wie auch Papst Franziskus so klar artikulieren, wie es ein Johannes der Täufer und jener, der von ihm getauft wurde, tat, dann wird begreifbar, dass wir nicht mehr nur warten müssen auf den, der da kommen wird. Bischof Erwin Kräutler sagte es bei einem Vortrag im Haus der Begegnung in Innsbruck am 2.12.2016 ganz deutlich. Er, Jesus, ist schon mitten unter uns, wo wir uns für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Er ist dort, wo Menschen den Umkehrruf des Johannes hören und ihn glaubwürdig umsetzen. Und da können wir so viel entdecken. Menschen und Organisationen, die sich für die Armen dieser Welt einsetzen. „Das Himmelreich ist nahegekommen.“ Die Botschaft von Johannes dem Täufer geht auf.
Klaus Heidegger, zum 2. Adventssonntag