Organisationen der katholischen Kirche wie die Katholische Jugend riefen für den Festtag am 8. Dezember zu einem Kauf-nix-Tag auf. Die Medien berichten am Tag danach vom einkaufsstärksten Tag im Jahr und zeigen Bilder von übervollen Parkplätzen vor den Einkaufszentren. Die Säkularisierung frisst den Charakter des Festtages auf. Das Geheimnis von Mariä Empfängnis, dass eine andere Welt – das Kommen von Gottes Herrschaft, ein Reich der Achtsamkeit und Behutsamkeit, der Gerechtigkeit, des Friedens und der Einheit mit der Schöpfung – möglich ist, wird vom herrschenden Konsumismus weggewischt.
Im Votiv-Kino sah ich „I, Daniel Blake“. Für mich ist es ein Film, der mit dem Marienfeiertag zu tun hat. Maria aus Nazareth im Heute ist wie Katie, die junge Frau mit ihren beiden kleinen Kindern, die in die Armutsfalle geraten sind. Da gibt es aber auch einen Zimmermann für sie, Daniel Blake, der selbst aufgrund einer Herzerkrankung arbeitslos geworden ist, sich aber rührend um Katie und ihre Kinder kümmert. Für mich ist dieser Zimmermann wie Josef von Nazareth, jemand, der zunächst von einem System ausgegrenzt wird, zugleich aber seine Würde in diesem System nicht verliert und dagegen aufbegehrt. Maria und Josef, Katie und Daniel, tun sich zusammen. Ken Loach ist wie ein Prophet, der mit den heutigen Mitteln der Filmkunst die „Kleinen“, die Opfer der Ausgrenzung und des Sozialabbaus, in den Blick nimmt. In einer Filmkritik heißt es: „Wer in diesem Film weint, weint nicht über den Einzelfall, er weint über die Verhältnisse. Genau darin liegt die Kunst von Ken Loach.“ Dabei denke ich an die Diskussionen in Österreich über die Kürzung von Mindestsicherungen.
Klaus Heidegger, 9.12.2016