Guter, barmherziger, starker und zärtlicher Gott, du hast uns deinen Sohn Jesus Christus gesandt, den Friedensfürsten, damit wir von ihm lernen können, den Frieden zu leben.
Wir lesen und hören täglich von kriegerischen Auseinandersetzungen in der Welt – vom Wüten der Terrorbanden des Daesh, vom Bürgerkrieg in Syrien, den vielen blutigen Auseinandersetzungen in der Welt, der Realität des Krieges und der Vernichtung, den Terrorattentaten und Anschlägen.
Guter Gott, lass uns unruhig bleiben angesichts dieser Meldungen! Lass uns aufhorchen; mache uns betroffen und wütend angesichts des unermesslichen Leids und lass uns nach Wegen des Friedens suchen! Schenke uns deinen Widerstandsgeist!
Die Engel verkündeten auf den Feldern von Betlehem „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden den Menschen auf Erden“. Uns Menschen fällt es auch deswegen so schwer, Frieden auf Erden zu machen, weil Gott nicht die Ehre gemacht wird. Dort, wo Gott wohnt, dort wird Friede geschenkt; dort ist Friede nicht nur Werk der Menschen, sondern Gnade.
Guter Gott, stärke in uns die Sehnsucht nach Dir! Lass uns täglich neu die Liebe zu dir entdecken. Wir wollen dich loben und preisen, du großer, zärtlicher, barmherziger Gott.
Jesus, du bist gekommen, um uns zu zeigen, wie wir Frieden leben und machen können. Es ist der Weg der Gewaltfreiheit und des Gewaltverzichts. Du hast gesagt: „Selig, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben.“ Du bist in Jerusalem auf einem Esel eingezogen, um zu zeigen, dass die Befreiung von Unterdrückung nicht mit den Mitteln der Gewalt erlangt werden kann. Du hast dem Petrus gesagt: „Steck dein Schwert weg, denn wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen!“ Du hast selbst am Kreuz noch denen verziehen, die dir so viel Leid angetan haben. Lass auch uns und die Nationen der Welt immer mehr dem Weg der Gewaltfreiheit folgen. Schenke uns deine Gewaltfreiheit!
„Gerechtigkeit und Frieden küssen sich …“, so heißt es im Psalm 85. Gerechtigkeit ist Voraussetzung für den Frieden. So viele Konflikte in dieser Welt entstehen aus himmelsschreienden Situationen der Ungerechtigkeit. Zwei Milliarden Menschen in dieser Welt leben unter der Armutsgrenze; ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt die Hälfte des Weltvermögens; alle fünf Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Unterernährung und mangelnder medizinischer Versorgung.
Guter Gott, zeige uns in den reichen Ländern des Nordens Wege der Umkehr und des Neubeginns. Schenke uns den Mut zu Schritten, die zu mehr Gerechtigkeit in unserem Land führen. Gerechter Gott, schenke uns deine Gerechtigkeit!
Der von Menschen verursachte und beschleunigte Klimawandel zeigt immer mehr die verheerenden Folgen. Es gelingt den Staaten dieser Welt nicht, die Erderwärmung einzubremsen. Die Experten des IPCC zeichnen ein dramatisches Bild: Überflutungen und ein Verlust von Lebensräumen, ein Anstieg des Meeresspiegels, Wasserknappheit in bestimmten Regionen, Ernteausfälle, in der Folge Unruhen bis hin zu Bürgerkriegen. Die Treibhausgase nehmen zu. Eine der größten Ursachen ist der stetig wachsende Flugverkehr. Auch heuer zu Weihnachten machen viele Tiroler Fernreisen.
In den Bildern von Weihnachten, von der Krippe mit Ochs und Esel, in den prophetischen Stellen des Ersten Testamentes wird die Einheit von Mensch und Natur gedichtet. Es gibt keinen Frieden unter den Menschen ohne Frieden mit der Natur
Schöpferischer Gott, lass uns so leben, wie es dem Prinzip der Gerechtigkeit und der Nachhaltigkeit entspricht. Du, Gott, bist der Schöpfer von allem. Lass uns besonders in diesen Tagen der Weihnachtszeit täglich neu die Achtsamkeit gegenüber der Natur einüben: In der Art und Weise, was wir kaufen und nicht kaufen, was wir essen und nicht essen und wie wir uns mit möglichst wenig Schadstoff-Produktion fortbewegen. Schöpferischer Gott, schenke uns deine Achtsamkeit!
Populistische Kräfte zerstören den sozialen Frieden zwischen jenen Menschen, die als Migranten und Migrantinnen oder Flüchtlinge in unser Land kamen, und jenen, die als Einheimische gelten. Die Kindheitsgeschichten in den Evangelien zeigen uns ein Bild von Jesus und seinen Eltern, die gezwungen sind aufzubrechen und zu fliehen. Der menschgewordene Gott ist zum Fremden und Flüchtling in dieser Welt geworden.
Gott, du bist ein Gott, der in besonderer Weise Flüchtlinge und Ausländer liebt und uns mahnt, ihnen gegenüber ein offenes Herz zu haben. Schenke uns deine Offenheit.
Christus ist das Licht der Völker. Für Muslime ist Jesus als Prophet ebenfalls Vorbild im Glauben und Leben. Als Jude verkörpert Jeschua ben Mirjam die messianischen Hoffnungen des Volkes Israel. In Jesu Leben und Lehre wird jenes Grundanliegen sichtbar, das alle Religionen dieser Welt in ihrem Herzen eint.
Gott, lass uns immer mehr das Gemeinsame in den Religionen entdecken! Wo Frieden zwischen den Religionen herrscht, wird es auch Frieden in der Welt geben können. Stärke all jene Kräfte, die für eine Begegnungskultur zwischen den Religionen eintreten, die das Gemeinsame und nicht das Trennende betonen, in den Gemeinden wie in den Schulen, in der Art und Weise, wie Inklusion gestaltet wird und Dialogprozesse gefördert werden! Beschütze die Christen und Jesiden und alle religiösen Minderheiten, die in vielen Teilen der Welt verfolgt und diskriminiert werden. Gott des Dialogs und der Versöhnung, schenke uns deine Versöhnung!
Gerechtigkeit und Frieden und Einheit mit der Schöpfung wird es für uns geben, wenn jeder und jede schon heute so zu leben beginnt, wie es das Reich Gottes vorsieht – ein gutes Leben für alle. Dann ist Weihnachten jetzt. Dann ist Weihnachten keine Vertröstung. Dann ist göttliche Menschwerdung mitten unter uns.
Amen
Klaus Heidegger, Weihnachtsgebet 2016
Lieber Klaus!
Eine gute Saat zum Geburtsfest Jesus; sie möge auf fruchtbaren Boden fallen und reiche Frucht bringen!
Mit besten Wünschen,
Theo