Flugreisen als scheinbarer Normalzustand
Ferienzeit wie die Weihnachtsurlaubszeit ist Besuchszeit. Besuchszeit ist Zeit, um einander von vergangenen Urlauben und bereits neu geplanten Urlauben zu erzählen. Und dann wird erzählt, wohin geflogen wurde und wohin geflogen werden wird. Ich will kein Spielverderber sein – doch mitreden will ich bei solchen Gesprächen schon lange nicht mehr. Meist habe ich das Gefühl, dass meine Sorge wegen der Klimaveränderung nicht verstanden wird und dass die Zusammenhänge zwischen Flugverkehr und Zerstörung der Erde einfach ignoriert werden. Würde die Tatsache der wesentlich durch den Flugverkehr verursachten Klimaveränderung ernst genommen werden, würde wohl weniger oft geflogen werden. Doch fühle ich mich selbst in liebevollen Kreisen – und hier ganz besonders – einsam mit meinen ökologischen Gedanken. Dabei würde ein Blick auf die verrückten Wettersituationen, verursacht durch Klimaveränderung, genügen, um selbst nachzudenken, was getan oder nicht getan werden könnte, um nicht selbst an der Schraube der irdischen Temperaturerhöhung zu drehen. In diesen Tagen denke ich vor allem an folgende Meldungen: 40 Millionen Menschen im südlichen Afrika leiden aufgrund der Klimaveränderungen an Hunger. Und wenn wir an die Klimaflüchtlinge denken, dann sind wir bei den schrecklichen Tragödien, die sich im Mittelmeer abspielen – oder auch in den Auffanglagern oder den Fluchtrouten bei uns.
Der Werbemacht der Tourismusindustrie verdirbt permanent ein ökologisches Gespür. Am 25.12. befindet sich im KURIER eine achtseitige Reisebeilage, wo auf jeder Seite für Flugreisen geworben wird. Doppelseitig wird ein Urlaub auf den Malediven angepreisen. „Don’t worry, be happy…“ lautet die Devise. Die Klimaerwärmung auf 1,5-Grad zu beschränken – das ist wie der Schnee von gestern. Die Flughafenbetreiber in Innsbruck melden Ende des Jahres 2016 stolz den Einmillionsten Passagier im abgelaufenen Jahr. Selbst die Tiroler Kirchenzeitung, deren Herausgeber, die Diözese Innsbruck, sich im Sinne der Ökoenzyklika Laudato Si auf eine Nachhaltigkeitsstrategie verpflichtet hat, bewirbt für das Jahr 2017 Flugreisen nach Kuba, Fatima, Schottland und Israel.
Tabakkonsum und Flugkonsum: eine Analogie
Als ich jung war, wurde unbekümmert (fast) überall geraucht. Mein Volksschullehrer paffte sogar in der Klasse und zu Weihnachten durfte ich ihm immer eine Stange Smart schenken. Es war keine Problem für mich als Knirps, beim Gemischtwarenhändler für meinen Opa um ein paar Schilling eine Packung filterlose A3 zu kaufen. Mein geschätzter Opa schrammte einige Jahre später knapp am Raucherbein vorbei. Ich erinnere mich noch heute an großflächige Werbetafeln für Marlboro, Memphis und Co und die Werbeeinschaltungen der Tabakindustrie gefielen einem Jugendlichen wie mir, versprachen sie doch all das, wonach sich ein Pubertierender sehnt: Freiheit, Lebenslust, Intimität. Mein Lieblingsort war aber das Widum, wo uns Ministranten der Pfarrer – mein großes Vorbild – mit seiner Pfeife in eine Tabakwolke hüllte. Die Kirche selbst war einer jener heiligen Orte, wo Weihrauchwolken gegenüber den Nikotinwolken Vorrang hatten. 10 Jahre danach war ich in Hörsälen an der Uni und links und rechts von mir glimmten die Tabakstängel. Auf den Zigarettenpackungen gab es damals keinerlei Warnhinweise. Das Wissen über die Schädlichkeit des Rauchens hat – zum Glück – einige Jahrzehnte später zu vielerlei Verboten geführt. Werbung für Tabakwaren wurde großteils untersagt und Rauchverbote wurden verhängt. Was Mensch und Umwelt gefährdet, soll nicht beworben, sondern eingeschränkt werden. Selbst die Kasernen sollen nun zur rauchfreien Zone werden.
Flugreisen werden beworben und öffentlich gefördert
Jede Wochenendausgabe einer Zeitung ist voller Werbungen für Flugreisen. Um einen lächerlichen Preis werden Wochenendflüge in irgendeine Stadt angeboten. Großflächig lassen Airlines ihre Angebote affichieren. Man fliegt in den Urlaub. Schulen bieten für Klassenfahrten irgendwo ins Ausland Flugreisen an. Selbst die Kirchenzeitung, die ansonsten ökologische Achtsamkeit predigt, wirbt in regelmäßigen Abständen für Pilgerreisen mit Flugzeugen. Die öffentliche Hand fördert den Ausbau von Flughäfen. Diesel und Benzin werden besteuert. Die Mineralölsteuer beträgt pro Liter Diesel (schwefelfrei und Bio-Anteil) 0,397 Euro (Andere: 0,425 Euro). Pro Liter Benzin (schwefelfrei und Bio-Anteil) beträgt die Steuer 0,482 Euro (Andere: 0,515 Euro). Das ist im Vergleich zu anderen Ländern immer noch weniger – weswegen der Tanktourismus in Österreich rund 20% beträgt – doch immerhin wird dadurch ein gewisse Lenkung erreicht. Wie steht es aber mit der Besteuerung des Kerosins? Im Gegensatz zu Benzin und Diesel ist Flugbenzin für den kommerziellen Flugverkehr von der Mineralölsteuer befreit. Das ist ein eindeutiger Wettbewerbsnachteil für alle anderen Verkehrsmittel.
Klimasünder Flugzeuge
Es ist natürlich nicht unrichtig, wenn das Fliegen nur als ein Verursacher für den Klimawandel genannt wird und wenn argumentiert wird, dass klimaschädigende Emissionen aus dem Flugverkehr nur einen kleinen Teil der Gesamtemissionen ausmachen. Doch zum einen soll nicht eine notwendige Maßnahme gegen eine andere ausgespielt werden, zum anderen ist seit langem bekannt, dass CO2-Emissionen, die von den Flugzeugen in die Atmosphäre gebracht werden, in Bezug auf die Treibhauswirkung besonders stark sind. Die Rechnungen, wonach der Treibstoffverbrauch im Flugverkehr gemessen an der Kilometerzahl günstiger sei als bei Autos, wurden oftmals widerlegt. Tatsächlich ist Fliegen die am wenigsten umweltverträgliche Art der Fortbewegung. Kurzstreckenflüge sind noch viel belastender als Fernreisen. Der Kerosinverbrauch pro Passagier und 100 Kilometer beträgt bei einem Langstreckenflug 6,5 Liter. Durch den Ausstoß in großer Höhe potenziert sich der negative Umwelteffekt. Wir kennen die Vergleiche: Ein Flug nach New York entspricht einem Jahr Autofahren. Hinzu kommt, dass zum Unterschied von Autofahrten gerade bei Fernreisen enormen Strecken zurückgelegt werden, wodurch sich der ökologische Fußabdruck entsprechend x-fach multipliziert.
Bereits 2013 hat der Flugverkehr in Österreich rund 705.000 Tonnen Treibstoff verbraucht und dadurch 2,17 Millionen Tonnen CO2 verursacht. Der Flugverkehr verursachte damit so viele Treibhausgase wie rund eine Million Autofahrer mit ihrem privaten Pkw in einem ganzen Jahr emittieren. Der Flugverkehr trägt zum Klimawandel bei, auch wenn er in der Kyoto-Klimabilanz nicht aufscheint.
Wie sehr die Fliegerei zunimmt, zeigt auch ein so kleiner Flughafen wie Innsbruck. So verzeichnete allein der Innsbrucker Flughafen an einem Wintertag im Feber letzten Jahres 120 Starts und Landungen. Flugzeuge landeten im Zehn-Minuten-Takt. 17.000 Passagiere wurden abgefertigt. Die Aufwärtsentwicklung wird weiter gehen. Neue Direktverbindungen von Innsbruck in verschiedene Städte Europas sind geplant. Lärmgeplagte Anrainer des Flughafens werden mit Lärmschutzfenstern vertröstet. Kritische Berichte über das steigende Flugverkehrsaufkommen gibt es nicht. Von keiner Partei wird dieses Thema auf der politischen Ebene diskutiert.
Wertvolles Öl wird als Kerosin verbrantt
Die Ölvorräte dieser Welt gehen zu Ende. Dort, wo gebohrt und gefördert wird, werden ganze Landstriche verwüstet und wird das Leben der ansässigen Bevölkerung gefährdet. Die Bohrinseln sind ein permanentes Gefährdungspotenzial: Dennoch sank in den letzte Jahren der Preis für Kerosin.
Wegen der knapper werdenden Ölvorräte werden heute schon Kriege geführt und künftige geplant. Die italienische Marine lässt ihre Kriegsschiffe vor der libyschen Küste auffahren, um die unterirdische Gaspipeline des internationalen Energiekonzerns ENI zu sichern. Der Arktis drohen durch Ölbohrungen gigantische Umweltdesaster.
Auf Flugreisen verzichten
Innerhalb von Europa könnten Passagiere wohl gänzlich auf ein Flugzeug verzichten. Der positive Nebeneffekt für Touristen, die mit der Bahn reisen: Man nähert sich dem Urlaubsland langsamer und nimmt landschaftliche Eindrücke auf und kann sich bereits auf dem Weg auf den Urlaub und die veränderten klimatischen Bedingungen einstellen. Noch fehlt es an den Warnhinweisen auf den Flugtickets. Noch fehlt das Bewusstsein für die Schädlichkeit des Fliegens.
Reife mit ökologischer Unreife
Weiterhin lassen sich Abertausende Maturanten und Maturantinnen auf die Maturareiseindustrie im Stile von Summer Splash & Co ein. Ein ökologisches Reifezeugnis wird damit nicht ausgestellt. Irgendetwas wurde hier in vielen Unterrichtsstunden nicht vermittelt. Was haben die Schülerinnen und Schüler über Klimaveränderung gelernt, die wesentlich Folge des ungebremsten Flugverkehrs ist? Was haben sie gelernt über die Ausbeutungsverhältnisse in den große Clubs irgendwo in Antalya? Geographie und Wirtschaftskunde, Biologie und Politische Bildung, Religion und Ethik … was haben die Schüler und Schülerinnen gelernt, wenn dann doch ihr Handeln von ökologischer und sozialer Ausbeutung geprägt ist? Oder war die Klimaveränderung kein Thema im Unterricht oder wurde sie gar kleingeredet? Vielleicht auch waren wir Lehrpersonen zu wenig Vorbild und zu wenig glaubwürdig. Können wir jungen Menschen vorwerfen, in der Welt herumzufliegen, wenn mit wenigen Ausnahmen die ökologisch-moralische Verderbtheit ohnehin zum Programm erkoren wurde? Die Diagnose zunehmender Affluenza – mit den Symptomen von sozial-ökologischer Verantwortungslosigkeit, Beliebigkeit und moralischer Verwahrlosung – trifft auf die industriellen Maturareisen sicherlich in weitem Maße zu.
Beispiel Balearen: Der Massentourismus zerstört die Ökologie dieser Inseln. Der Dreck überlasteter Kläranlagen landet im Meer, die Müllberge wachsen. Hoher Energieverbrauch, Abwasser, Wasserverbrauch. Das Baden im Meer gleicht vielerorts einem Baden in einer Kläranlage.
Die Verantwortung der Politik
Der Vorgänger des amtierenden Umweltministers hatte bereits vor einigen Jahren einen wichtigen Vorstoß gemacht: Kerosin sollte besteuert werden und die Emissionen aus dem Flugverkehr sollten in den Emissionshandel einbezogen werden. Geschehen ist bislang allerdings nichts in diese Richtung.
Ökologische Verantwortung jeder einzelnen Person
Die Staatenlenker versagen angesichts der ökologischen Zerstörungen durch die Vielfliegerei. Die Veränderung könnte aber von unten geschehen. Der einfachste Ansatzpunkt liegt wohl zunächst in dem, was jeder und jede selbst tun kann. Für jede Person sollte zunächst gelten: Muss dieser Flug wirklich sein oder gäbe es nicht ein anderes Ziel oder ein anderes Verkehrsmittel? Für die Maturaklassen könnte es wohl bedeuten, die so in Mode gekommenen Summer-Splash-Maturareisen zu boykottieren und selbst sehr sparsam zu sein mit der Organisation von Schulveranstaltungen, die mit Flugreisen verbunden sind. In unserem täglichen Konsumverhalten können wir auf Lebensmittel verzichten, die mit Flugzeugen in unser Land transportiert werden.
Klaus Heidegger, 14.1.2017
Hallo,
bin Lehrerin in Naturwissenschaften und plane ein Projekt zum Thema Klimaschutz. Gibt es Material, spezielle Infos für Schüler zwischen 11 und 13 Jahren zum Thema von euch, das ihr mailen könnt? Wäre toll, DANKE,
Karin
Unsere Schule ist in Brüssel, Europaschule III, Boulevard de Thriomohe 135, Brüssel
Guten Morgen, ich bin Lehrerin in Naturwissenschaften und plane ein Projekt zum Thema Klimaschutz. Gibt es Material, spezielle Infos für Schüler zwischen 11 und 13 Jahren zum Thema von euch, das ihr mailen könnt? Wäre toll, DANKE,
Karin
Unsere Schule ist in Brüssel, Europaschule III, Boulevard de Thriomohe 135, Brüssel