Bischof für das Volk und aus dem Volk Gottes

Das Zweite Vatikanische Konzil hat so wunderschön davon gesprochen und geschrieben: Der Geist Gottes sei im „Volk Gottes“ lebendig. Papst Franziskus, der Bischof von Rom, verkörpert dieses Vertrauen in die Ortskirche. Mit ihm scheint ein Wegrücken von einer vom Vatikan zentral gelenkten Kirche möglich zu sein. Die Zukunft sollte der Ortskirche gehören: Eine Kirche, in der die Bischöfe nicht zentral vom Vatikan ernannt werden, sondern aus dem Volk herauswachsen. Ganz in diesem Sinne haben sich Organisationen und Gremien der Diözese Innsbruck vor eineinhalb Jahren auf Namen geeinigt, die für die Nachfolge von Bischof Manfred gut geeignet wären. Schade nur, dass diese Namen nicht gleich publik gemacht wurden. Es wurde selbst auf Geheimhaltung gesetzt. Dieses taktische Manöver konnte nun von den vatikanisch gelenkten Bischofsmachern ausgenützt werden. Vertrauen hat es nicht mit sich gebracht. Dekan Bernhard Kranebitter spricht zurecht von einer „Selbstbeschädigung der Kirche“ mit Bezug auf die „mangelnde Transparenz“. (Tiroler Tageszeitung, 5.4.2017) Diözesanadministrator Jakob Bürgler bleibt dennoch zuversichtlich und beruhigt mit einer doppelten Verneinung. Es gebe „keinen Grund daran zu zweifeln, dass das Auswahlverfahren für einen neuen Bischof nicht zu einem guten Ergebnis führt“. (Tiroler Tageszeitung, 12.4.2017)

Als Lehrer versuche ich in der Schule, den Jugendlichen demokratische Werte zu vermitteln. Die Gliederungen und Teile der Katholischen Aktion wählen ihre Vertreterinnen und Vertreter. Die Kirche ist in puncto Bischofsernennung jedoch ein Musterbeispiel dafür, wie durch ein Fehlen von demokratischen Spielregeln Machtpolitik ausgeübt werden kann. Dies schafft nicht Vertrauen in die Kirchenleitung, sondern fördert das Misstrauen. Da tauchen neben den bekannten Namen aus unserer Diözese dann andere Namen auf, die sich durch Nähe zu den vatikanischen Kreisen, nicht aber durch ein Eingebettetsein in die Kirche vor Ort auszeichnen. Warum vatikanische Quereinsteiger ins Kalkül genommen werden, mag aus der Sicht einer zentralistisch gesteuerten Kirche verständlich sein. Vertrauen schafft es wiederum nicht. Ein Ehebandverteidiger in einem vatikanischen Höchstgericht und ein Professor für Altes Testament an einer römischen katholischen Privatuniversität werden in der Spekulationsbörse gehandelt. Cui bono? Wem nützt es? Vielleicht braucht unsere Diözese nicht einen Theologen als Bischof, der spitzfindig argumentieren kann, warum Impotenz ein Ehehindernis darstelle, sondern einen Seelsorger mit dem Mut, für eine Erneuerung der Kirche einzutreten, weil sein Ohr direkt beim Volk Gottes ist, ohne deswegen populistisch zu sein. Ein solcher Bischof würde sich auch mit Blick auf die Tradition der Kirche, das Evangelium und auf den Zustand der Orts- wie Gesamtkirche trauen, für die Zulassung der Frauen zum Priesteramt und die Abschaffung des Zölibats einzutreten. Neue Zulassungswege für Priester wären nicht mehr mit einem „vielleicht“ verbunden.

 

Dr. Klaus Heidegger