Das Bischofsamt basisdemokratisch neu denken

Was den Verantwortlichen und Gläubigen der Diözese Innsbruck Ende 2015 rasch gelang – sich auf einen Nachfolger für Bischof Manfred zu einigen, scheint für die laut Kirchenrecht zuständigen vatikanischen Behörden so schwer zu sein. Das herrschende System der Bischofsernennung erweist sich als zutiefst undemokratisch. Dies speist die Gerüchteküche, aus der dann in regelmäßigen Abständen der Öffentlichkeit mögliche Kandidaten präsentiert werden. Wenn sich die Bischofsmacher nicht in ihre Karten blicken lassen, dann hat das mit überholter Machtpolitik zu tun. Das Kirchenvolk wird für dumm verkauft. Jeder Kaninchenzuchtverein scheint jedenfalls demokratischer zu sein als die Vorgangsweise bei der Bischofsernennung. Dass eine Wahl von Bischöfen durchaus demokratisch sein kann, zeigt die Geschichte der Kirchen. Erst vor kurzer Zeit wurde in der altkatholischen Kirche in Österreich ein neuer Bischof gewählt. Auch die evangelischen Kirchen wählen ihren Bischof. Und von Bischof Martin oder Nikolaus wird überliefert, dass sie zu ihrem episkopalen Amt aufgrund des ausdrücklichen Wunsches des Volkes kamen. Die Äbtissinnen der Klöster, die – wie die Hl. Gertraud – mit Hirtenstab dargestellt werden, wurden über Jahrhunderte gewählt. Eine demokratische Wahl eines Bischofs würde uns jedenfalls das gegenwärtige Trauerspiel in unserer Diözese ersparen. Mehr noch: Es würde auch die Rolle eines Bischofs in demokratischem Sinne positiv durch kirchliche „Checks and Balances“ ergänzen. Das sind demokratisch legitimierte Gremien, Bewegungen und Einrichtungen der Kirche wie beispielsweise Pfarrgemeinderäte, gewählte Vertreterinnen und Vertreter der Gliederungen der Katholischen Aktion, des Katholischen Familienverbandes, des Laienrates, wie die Frauenkommission oder der Bischofsrat. Wir brauchen keinen Bischof, der selbstherrlich regiert. Oder anders gewendet: Die 16-monatige Sedisvakanz hat auch gezeigt, wie die Ortskirche von unten gelenkt und geleitet werden kann. Ein künftiger Bischof wird gut daran tun, darauf aufzubauen. Ein Bischof soll nicht alles können dürfen und müssen. Er soll vor allem zulassen können. Mit Bischof Manfred hatten wir so einen Bischof. Schlimm wäre es dann, würde ein Bischof all jene Vollmachten ausspielen, die ihm laut Kirchenrecht zukommen. Sowohl was die Ernennung eines Bischofs betrifft wie auch seine Machtbefugnisse braucht es eine Änderung kirchlicher Strukturen und Verfahrensweisen und wohl auch eine Abkehr von einer Theologie der „sacra potestas“, einer heiligen Gewalt, demnach die Bischöfe nicht durch das Kirchenvolk legitimiert seien, sondern in apostolischer Sukzession stehen und von Christus direkt dafür auserwählt worden seien. Im Reformationsjubeljahr kann auch 500 Jahre nach Luther gefragt werden, ob es überhaupt eine eigene Bischofsweihe braucht. Würde nicht auch eine Ordination genügen, die einen Menschen zu einem Leitungsamt in der Kirche befähigt? Wäre es nicht weihevoller, wenn es einen Episkopos gäbe, der vom Volk zu einem Amt gewählt würde?

Dr. Klaus Heidegger,
Vorsitzender der Katholischen Aktion der Diözese Innsbruck, 27.4.2017