Der national und international viel diskutiere Kopftuchsager von Bundespräsident Van der Bellen – „man kann Frauen nicht vorschreiben, was sie zu tragen und was sie nicht zu tragen haben“ und „wenn das so weitergeht, müsse man eines Tages alle Frauen bitten, aus Solidarität ein Kopftuch zu tragen“ – löste einmal mehr ein Nachdenken über den hohen Wert der Religionsfreiheit aus. VdB verteidigte mit seiner ironisch zugespitzten Äußerung nicht nur die Religionsfreiheit, sondern, wie er wörtlich meinte, „das Recht der Frau, sich zu kleiden, wie auch immer sie möchte“. Gerade in diesem Satz wird so deutlich, dass VdB in keinster Weise etwa die frauenfeindlichen Zwänge verteidigt, mit denen Frauen von islamistischen Kräften zum Kopftuchtragen verpflichtet werden. VdB jetzt zu unterstellen, wie es beispielsweise in islamfeindlichen Kolumnen im Boulevard (Krone 30.4.2017) oder von rechtspopulistischen Kreisen getan wird, er würde Millionen Frauen in islamistischen Staaten in den Rücken fallen, ist einfach unrichtig oder billige islamophobe Polemik. Kein Wunder, dass der rechtspopulistische Parteichef HC Strache von VdB eine Entschuldigung forderte. Entschuldigung wofür? Dass er für die Freiheit eingetreten ist? Nein, der österreichische Bundespräsident, ist weder für ein Kopftuchgebot noch für ein Kopftuchverbot. In diesem Sinne wird er seinem Selbstanspruch, Präsident aller Österreicher zu sein, gerecht: Für Frauen, die kein Kopftuch tragen wie für Frauen, die eines tragen wollen. Zurecht nimmt der Bundespräsident seine Aufgabe ernst, davor zu warnen, wenn durch islamophobe Maßnahmen eine Feindschaft zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen in unserem Land genährt wird. Sein Vergleich mit judensterntragenden Dänen und kopftuchtragenden Musliminnen ist vom Gehalt her nicht unrichtig. In beiden Fällen geht es darum, auch wenn die Größenordnung eine ganz andere ist, dass Menschen wegen ihres Glaubens oder Herkunft ausgegrenzt und diskriminiert werden, was letztlich zur Verfolgung führt.
Klaus Heidegger, 1. Mai 2017