„Den Himmel überlassen wir den Engeln und den Spatzen.“ Es ist der bekannteste Satz aus dem „Wintermärchen“ von Heinrich Heine. 200 Jahre später hat sein Bonmot nichts an Aussagekraft eingebüßt. Auch am heutigen Himmelfahrtstag soll dieses „neue“, dieses „bessere Lied“ gesungen werden. Es ist wirklichkeitszugewandt und lustorientiert; es will den Himmel auf Erden und fordert zum Handeln für soziale Gerechtigkeit und Gleichheit auf. Es geht vom Wissen aus, dass „hienieden Brot genug für alle Menschenkinder“ wächst – „auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust und Zuckererbsen nicht minder“. Heute würden wir sagen: Die Welt böte genügend Lebensmittel für alle – wenn sie nur gerecht verteilt wären. Heute würden wir sagen: Ein gutes Leben für alle, das mit den einlullenden „Eiapopeias“ der Konsum- und Werbeindustrie und den populistischen Heilsversprechern nichts gemein hat. Anders als in der Zeit, als Heine sein „Wintermärchen“ dichtete, haben sich freilich die Kirchen positioniert. Sie haben den Mut, das „irdische Jammertal“ in den Blick zu nehmen, die Flüchtlingsmisere beim Namen zu nennen, die drohenden Umweltkatastrophen nicht zu verdrängen. Einen „Pfaffensegen“ – von dem Heine kritisch schreibt – gibt es heute nicht mehr für postfaktische Vertröstungen, sondern einen kirchlichen Segen für Flüchtlings- und Sozialinitiativen, für Klimaschutzmaßnahmen und Friedensbemühungen. Lange vor Heine hat der Autor der Apostelgeschichte mit der Himmelfahrtslegende die jesuanische Grundbotschaft als Vermächtnis festgeschrieben. „Schaut nicht hinauf …“, gibt Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern als letzte Worte mit auf den Weg, bevor er ihren Blicken entschwindet. Schaut euch in die Augen, ganz tief, um die Freude oder den Schmerz der anderen erfahren zu können. Schaut auf jene, von denen Bert Brecht in der „Dreigroschenoper“ schreibt „die im Dunkeln sieht man nicht“. Der österliche Blick sieht sie sehr wohl: Die gut integrierten Flüchtlinge, die auch aus unserem Land in kriegführende Länder wie Afghanistan oder den Irak abgeschoben werden; die Wohlstandsverlierer, deren Sozialleistungen gekürzt werden – anstatt dort zu nehmen, wo Reichtümer angehäuft werden. Heinrich Heine, Bert Brecht und Jesus von Nazaret, sie eint das Bemühen um ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens. Dafür hat dieser Jesus gekämpft und dafür ist er gestorben. Nicht weniger erwartet er von seinen Kirchen heute. Daher beten wir noch vor jeder Erwähnung des Himmels: „Dein Reich komme!“ Papst Franziskus hat keine Angst vor einer Kirche, die „verbeult“ ist, weil sie auf die Straßen dieser Welt hinausgegangen ist. Der Himmelfahrtstag bewahrt uns vor einer Genickstarre und lässt uns lustvoll und mit Freude, engagiert und mit Wut im Bauch auf diese Welt blicken. Die ökumenische Initiative „Christlich geht anders!“ bringt diese Botschaft in den sozialen Medien, bei kirchlichen Veranstaltungen und im Gespräch mit den Menschen auf den Punkt. Eine andere Welt ist möglich, eine himmlische Welt, hier unten.
Dr. Klaus Heidegger, Vorsitzender der Katholischen Aktion der Diözese Innsbruck