Backe, backe Hostien

In diesen Tagen könnte der Medienkonsument das Diktum von der „Saure-Gurken-Zeit“ bewahrheitet sehen. Auslöser war das unnötige vatikanische Schreiben, das einmal mehr die Bestimmungen festlegte, aus welchen Zutaten eine Hostie für die katholische Eucharistie gebacken sein muss. Die Vorgabe: Auch Gluten müsse enthalten sein. Für Zöliakalie-Patienten gäbe es die Möglichkeit von glutenreduzierten Hostien. Roma locuta, causa finita. Rom hat gesprochen, die Sache ist beendet. Als Kommunionhelfer in meiner Pfarre frage ich mich: Wovon hängt es ab, dass Wandlung geschieht? Was bedeutet es, wenn ich bei der Spendung des Sakramentes spreche „Leib Christi“ und der oder die Gläubige mit einem „Amen“ antwortet? Von den Backzutaten wohl nicht. Wovon die Wandlung bei der Messe abhängt, ist vielmehr die Bereitschaft, sich leibhaftig für die Botschaft von Jesus zu öffnen und zu versuchen, mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzem Verstand im Alltag christlich zu leben. Das bedeutet auch: Einem Mann nachzufolgen, der einer Gesetzesfrömmigkeit und pharisäischen Kasuistik widersprach. Dort, wo sich christliche Gemeinschaftserfahrung verdichtet, in der Eucharistie und in der Wandlung, wurde ein Regelwerk aufgebaut, das vor allem für junge Menschen kaum mehr nachzuvollziehen ist. Im Religionsunterricht höre ich so oft die Fragen meiner Schülerinnen und Schüler: Warum kann nur ein Mann – nicht auch eine Frau – die Wandlungsworte sprechen? Warum nur ein Mann, der geweiht ist? Warum nur ein Mann, der zölibatär lebt? Warum ist alles minutiös geregelt? Die Worte, die gesprochen werden auf Punkt und Beistrich – auch wenn sie kaum mehr verstanden werden. Die Zahl der Kniebeugen. Die Gewänder, die dieser zölibatär lebende, von einem geweihten Bischof geweihte Mann trägt. Nun könnte auch eine Diskussion geführt werden, aus wieviel Karat Gold der Kelch bestehen muss. Im Reformationsjahr 2017 täte es jedenfalls gut daran, sich auf das wirklich Wesentliche zu besinnen. Das ist die Art und Weise, wie eben Jesus immer wieder Mahl gehalten hat. Das ganz Besondere daran war, dass er dabei nicht ausgeschlossen und regementiert hat. Da durften vor allem jene dabei sein, die am Rand der Gesellschaft lebten, die als unrein, als unwürdig betrachtet wurden. Die Rede ist von den Frauen, die zur Sexprostitution gezwungen waren, von den Kranken und Bettlern, den Opfern sozialökonomischer und politischer Ausbeutungsstrukturen. Reinheitsgesetze waren für die Jesusbewegung kein Tabu. Als meine Schülerinnen und Schüler in einem Projekt so ganz frei eine eucharistische Grunderfahrung nachspielen sollten, gingen sie in den Skatepark beim Park In in Hall. Zwei Schüler waren dort mit ihren Boards beschäftigt. Da kam eine weitere Schülerin mit einer Pizzaschachtel. Die drei setzten sich zusammen. Eine Pizza wurde geteilt. Freundschaft erlebbar.

Klaus Heidegger

Kommentare

  1. Danke für dieses Statement. Es spricht mir aus der Seele. Als hätten wir keine anderen Sorgen.

  2. genau so ist es. ich hoffe der Schaden, der durch diese erübrigbare meldung entstanden ist ,hält sich in Grenzen

  3. Als Nichtchristin steht mir nicht zu, zu beurteilen, was das Zentrale an der Eucharistie ist. Als Jüdin möchte ich aber eine Anmerkung zu den Ausdrücken „Gesetzesfrömmigkeit“ und „pharisäische Kasuistik“ machen. Wie es mit Jesu Widerspruch zum Gesetz aussah, lässt sich in Mt 5,19 nachlesen: „Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute also, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich.“ Auch ist es erst die sogenannte Gesetzesfrömmigkeit, der das Christentum die Eucharistie verdankt. Denn wenn Jesus das Brot nimmt und dankt, folgt er dem jüdischen Gesetz, den Ewigen dafür zu loben, dass er Speise aus der Erde hervorbringt.
    Jesus als irgendwie christlich darzustellen (denn das war er ja nicht – er war Jude, so wie die ganze erste Jesusbewegung) und ihn den gesetzestreuen Pharisäern als Karikatur jüdischer Frömmigkeit gegenüberzustellen, hat in der Vergangenheit viel Hass ausgelöst und Christ_innen dazu motiviert, Jüdinnen und Juden zu verfolgen und zu töten.
    Ist es denn nicht möglich, Jesus anders darzustellen als vor der „dunklen Folie des Judentums“ (Himmelbauer)? Einen Hinweis darauf zu bringen, dass nicht nur die Pharisäer, sondern auch er selbst jüdisch waren? Ein großer Mensch steht für sich, er braucht kein Feindbild, vor dem er dann umso freundlicher strahlt. Umso mehr, als es zahlreiche Wissenschaftler_innen gibt, die Jesus auch eine große Nähe zu den Pharisäern bescheinigen, wegen der er sich eben so abgrenzen musste.

    1. … meine Antwort an Martin Jäggle dürfte auch auf Ihren Einwand zutreffen. Ich teile Ihre Ansicht, dass wir stets darauf achten müssen, Jesus als Jude – sogar als pharisäisch geprägten Juden – zu sehen. Es ist richtig: Was er getan und gelehrt hat, ist nur aus dem Kontext des Judentums zu verstehen. Diese Sichtweise – so möchte ich aber behaupten – findet sich auch in meinem Artikel wieder. Mfg

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