Über das kirchliche Engagement für Umwelt- und Tierschutz

Den Artikel von Hans Winkler über das Engagement der Kirche und kirchlicher Vertreter für die Bewahrung der Schöpfung, veröffentlicht in DIE PRESSE, 21.8.2017, könnte ich in meinem schulischen Unterricht gut als Exempel für Demagogie verwenden. Es geht dem Autor nicht um eine nüchtern-sachliche Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass sich die Kirchen in Österreich aber auch weltweit für Fragen des Umwelt- und Tierschutzes engagieren, sondern um ein wildes Herumschlagen mit verletzenden und abwertenden Begrifflichkeiten. Einige Beispiele seien hier genannt.

In der einleitenden Überschrift heißt es bereits, dass sich die Kirche die „Umweltideologie aufschwatzen“ lasse. Damit geschieht bereits eine doppelt negative Zuschreibung. Wer sich für Umwelt einsetzt, gerät unter den Winkler’schen Ideologieverdacht. Wer sich für Umwelt einsetzt, lasse sich dies „aufschwatzen“.

So ganz anders lesen sich hingegen die kirchlichen Dokumente und sind die Begründungen für das ökologische Engagement der Kirchen. Letzteres ist beileibe nicht so jung, wie es Hans Winkler in seinem Artikel suggeriert. In meinen ehren- und hauptamtlichen Funktionen – u.a. als Bundessekretär der Katholischen Jugend in Österreich – zählten Umweltinitiativen bereits vor mehr als 30 Jahren zum Herzensanliegen. In der Umweltenzyklika Laudato Si hat Papst Franziskus klar herausgearbeitet, dass ein ökologisches Engagement von Christinnen und Christen nicht einfach beliebig zur Nachfolge Jesu gefügt werden könnte, sondern integraler Bestandteil des Glaubens und seiner Werke ist. Helga Kromp-Kolb hat deswegen Recht, wenn sie bei der Ökumenischen Sommertagung in Kremsmünster die Klimafrage als „Ernstfall des Glaubens“ bezeichnete. Unter den vielen eindeutigen Stellungnahmen sei eine besonders erwähnt. Es ist auch jenes Argumentationsmuster, das wir in Laudato Si finden. Das Engagement gegen die Klimaveränderung ist vor allem mit Blick auf die Option für die Armen zu sehen. Michael Landau hat erst vor kurzem wieder mit Blick auf die Hungerkatastrophen in Afrika davon gesprochen, dass diese die direkte Folge der Klimaerwärmung seien. Wenn schon Hans Winkler ein kirchliches Umweltengagement nicht als Kernaufgabe sieht, so wird er sicherlich als bibelkundiger Mensch nicht leugnen können, dass Solidarität mit den Ärmsten zur Wesensmitte des Christentums zählt. Was Papst Franziskus in seiner Umweltenzyklika, was auch der von Hans Winkler kritisierte Brixner Moraltheologe Pater Martin Lintner tut – sie sehen als politisch kundige Menschen die Zusammenhänge. Es sei hier auch erwähnt, dass Hans Winkler den Servitenpater und Professor für Moraltheologie despektierlich als „Moralist“ oder als „ein Theologe aus Südtirol“ bezeichnet,  wird so als hätte er keinen Namen. Auch sein Buch „Der Mensch und das liebe Vieh“ bleibt unerwähnt. Darin zeigt Martin Lintner u. a. auf, was der enorme Fleischverbrauch auch an ökologisch-ökonomischen Konsequenzen in den Ländern des Südens zur Folge hat. Gerade heute – am 23.8.2017 – wurde ein Bericht von Statistik Austria über den Tierbestand in Österreich veröffentlicht. Der Bestand an Schweinen und Rindern ist 2017 hierzulande gesunken. Zugleich steigt der ohnehin auf einem hohen Niveau liegende Verbrauch an Fleisch. Die Schlussrechnung: Noch mehr Schweine- und Rindfleisch wird – vor allem aus den großen Schlachtbetrieben in osteuropäischen Ländern – importiert. Ja, in einem Land wie Österreich, wo das Schnitzel oder der Schweinsbraten quasi zur „Leitkultur“ zählen, regen tierethische Positionierungen wie jene von Martin Lintner auf. Mich erinnert es jedoch an die jesuanische Verkündigung. Auch Jesus hat so gerne liebevolle Bezüge zur Schöpfung gemacht. Wenn er vom Himmelreich spricht, dann spricht er in Bildern aus der Fauna und Flora.

Hans Winkler kann es nur schwer verstehen, dass sich „Kirchenmänner“ so sehr für Umweltanliegen engagieren. Ich möchte ihn einladen, einen Tag entlang der Inntalautobahn zu wohnen. Kinder und Jugendliche erkranken aufgrund der Emissionen. Wie sollen Priester das Evangelium von einem guten Leben für alle verkünden, ohne auf die Umweltmiseren zu sprechen zu kommen? Das hat nichts mit „Apokalyptik“ zu tun. Deswegen gehören sozial- und umweltethische Themen neben den vielen anderen Disziplinen wesentlich zur theologischen Ausbildung. Meine Diplomarbeit konnte ich beispielsweise bereits Anfang der Achtziger bei Prof. Hans Rotter über ökologische Ethik schreiben. Nochmals also: So neu ist dieses Thema nicht, wie Hans Winkler suggeriert.

Was ich jedoch wirklich nicht verstehe, ist die Anschuldigung an Pater Andreas Schmidt, ihm würde es mit seinem ökologischen Engagement um Stimmenmaximierung gehen. Damit verlässt Hans Winkler, gleich wie mit der Bezeichnung der Aktion „Autofasten“ als „wichtigtuerische Pseudoaktion“, die Ebene jeglicher sachlicher Argumentation und gerät ins Feld der Beschimpfungen. Eine rhetorische Gegenfrage sei mir hier erlaubt: War die Vertreibung der Geldwechsler und Händler aus den Vorhöfen des Tempels durch Jesus auch eine „wichtigtuerische Pseudoaktion“?

Klaus Heidegger, 23.8.2017, klaus.heidegger@aon.at

 

Vgl. zum Artikel von Hans Winkler: http://diepresse.com/home/meinung/dejavu/5272381/Dejavu_Der-Weltuntergang-kommt-schon-noch-frueh-genug?from=suche.intern.portal, abgerufen am 23.8.2017