Heute … der Tag an dem wir an die Schreckensnacht des Novemberpogroms denken. Ein Schüler in einer Maturaklasse nimmt dies in einem Referat im Religionsunterricht zum Anlass, um über den Antisemitismus von damals und heute zu sprechen. Heute … der Tag, an dem 21 Abgeordnete der FPÖ und einer von ihnen als 3. Nationalratsabgeordneter als deutsch-völkische Burschenschaftler im höchsten Haus unserer Republik Platz genommen haben: Vertreter von Korporationen, in denen zuhauf Täter des Nationalsozialismus an Verbrechen beteiligt waren. Das aufgesteckte Edelweiß am Revers der Frischangelobten ist weniger besetzt als die ehemaligen blauen Kornblumen – doch ist damit auch jene Gesinnung weg, wo wir uns heute denken müssen: NIE WIEDER? Als Religionslehrer kann ich mich auf eine Kirche stützen, die heute wie Kardinal Schönborn spricht: „Es ist ein Tag der schamvollen Erinnerung, die zugleich das oft zitierte, aber immer wieder zu wenig ernstgenommene Wort ‚Nie wieder‘ birgt“, …und weiters meint Schönborn, „dass der Widerstand der Christen gegen dieses Denken viel zu schwach war – und dies, obwohl ihr Glaube die Botschaft von der gleichen Würde aller Menschen auf Grund ihrer Gottebenbildlichkeit enthält“. Es sind wichtige Worte, die gesprochen werden, die Mut geben, dass heute die Kirche dort Widerstand leistet, wo neue Formen der Ausgrenzung und des Rassismus auftreten. Das ist zugleich die reformatorische Linie des Juden Saul von Tarsus, der in der Nachfolge des Juden Jesus von einem Volk sprach, in dem die völkisch-nationalistischen Grenzen aufgehoben werden zugunsten eines Denkens, in dem es „weder Juden noch Griechen“ gibt, sondern wir alle eins sind. In der Überwindung des Völkischen lag die Erfolgsstory des Christentums und kann es auch heute sein. Hätten die Christen und Christinnen damals – es war der Beginn der Nazi-Schreckensherrschaft – schon Papst Pius XI. verstanden, der davon sprach, dass wir Christen im geistigen Sinne ja auch Semiten sind, dann wären die Christinnen und Christen in all unseren christlich geprägten Ländern schützend um die 1400 Synagogen gestanden, die vor 79 Jahren abgefackelt wurden. Noch vor ein paar Tagen konnte ich in Berlin Gedenkorte besuchen, die eine notwendige Erinnerung wachhalten, damit es nie wieder geschehe!