1896 verband Pierre de Coubertin mit der Neuerfindung der Olympischen Spiele den Grundgedanken, dass in der Zeit der Spiele Frieden herrsche. Im Vierjahrestakt hat diese Sehnsucht längst ihre Unschuld verloren. Dass während Olympia die Waffen schweigen sollten, bekümmert die Kriegsherren dieser Welt nicht mehr. Bereits 1936 in Berlin nutzten die Nationalsozialisten die Olympischen Spiele als Propagandashow zur Vorbereitung des schlimmsten Krieges der Menschheitsgeschichte. Während im Jahr 2002 die Winterspiele in Salt Lake City ausgetragen wurden, wurde zugleich in Afghanistan gekämpft. Bei den letzten Spielen in Sotschi wiederum konnte Putin geschickt seine Kriegspolitik in der Ukraine sowie seine Missachtung von Menschenrechten mit Blick auf die Milliardenspiele kaschieren. Nun erklingen bei den Siegerehrungen in Pyeongchang Nationalhymnen, viele von ihnen mit martialischem Hintergrund. Während die Aufmerksamkeit der Sportbegeisterten auf die südkoreanischen Sportstätten gerichtet ist, wird andernorts ungeniert weiterhin Krieg geführt. Russische und syrische Kampfflugzeuge haben in den letzten Tagen Städte und Dörfer in Syrien mit einem infernalischen Bombardement versehen. Um die Rebellen zu bekämpfen, wird es in Kauf genommen, dass Kinder und Frauen mitgetötet werden. Unter dem zynischen Titel „Olivenzweig“ kämpfen türkische Truppen Seite an Seite mit Jihadisten gegen kurdische Kräfte in Nordsyrien. Der israelische Staat bombardiert mit seiner Luftwaffe Ziele in Syrien und trägt zu einer Eskalation der Gewalt bei, die zu einer direkten Konfrontation zwischen dem Iran und Israel führen könnte.
Der Weg zum Frieden ist noch weit und der völkerverbindende olympische Gedanke ist längst eine Chimäre geworden. Es ist höchst an der Zeit, den Olivenzweig aus den Händen der Militärs zu nehmen und ihn jenen zu geben, die auf gewaltfreiem und nicht-militärischem Weg für den Frieden in der Welt arbeiten. Auch das kleine Österreich könnte sich ausklinken aus einer waffenstarrenden Welt – indem nicht mehr Geld für Rüstung ausgegeben wird, sondern weniger, indem nicht mehr Männer für Kriegsdienste ausgebildet werden, sondern Friedensdienste gefördert werden. Jeder und jede einzelne könnte auch hierzulande beitragen, diesen Friedensgedanken zu leben: auch durch einen Lebensstil, der weniger auf einer kriegsfördernden Ausbeutung der Rohstoffe ausgerichtet ist.
Klaus Heidegger