Schulische Sexualerziehung ist durch einen Vorfall im Tiroler Unterland ins Gerede gekommen. Ich schreibe aus der Perspektive eines Lehrers an einer Oberstufe, maße mir also nicht an, über Sexualkunde im Sekundarstufenbereich I – Neue Mittelstufe oder Unterstufe eines Gymnasiums – Stellung zu nehmen. Ich schreibe auch nicht aus dem Blickwinkel des Biologieunterrichtes, wo die humanmedizinischen Aspekte der Sexualität ihren Fixplatz haben. Ich schreibe aus der Sicht eines Religionslehrers. Der Religionsunterricht ist ein guter Ort, um die für Jugendlichen lebensnahen Fragen aufzugreifen. Der Grundsatzerlass Sexualerziehung des Bildungsministeriums aus dem Jahr 2015 sowie der Lehrplan Religion geben uns den Auftrag dazu. Die Religionen bauen dabei stets auf dem Grundwissen auf, das alle Schülerinnen und Schüler im Unterricht lernen sollten. Fragen der Empfängnisverhütung etwa sind das 1×1, aber auch Fragen zur Homosexualität. Es ist gut und notwendig, darüber in der Schule zu arbeiten. Oftmals reden Schülerinnen und Schüler in einer Unterrichtssituation über solche Sachen leichter und unbefangener als mit ihren Eltern. Vor allem aber soll es nicht geschehen, dass zweifelhafte – manchmal pornografische Quellen – das Wissen befriedigen. Warum aber gerade im Religionsunterricht über Sex reden? Weil die Religionen prinzipiell von einer großen Wertschätzung der Sexualität ausgehen. Sie wird als Ort göttlicher Begegnungen gewertet. Gerade deswegen wird sie aber nicht reduziert auf die Aspekte der Lustbefriedigung, sondern in ihren sozialen Dimensionen betrachtet. Eros und Sexualität dienen den Menschen, um so Liebe, Freundschaft und Partnerschaft erfahren zu können. Freilich ist das Image der Religionen schlecht. Man behauptet, die Religionen und ihre Institutionen seien sexualfeindlich eingestellt. Tatsächlich ist – um es mit einem Bezug auf Friedrich Nietzsche zu sagen – „der Eros vergiftet worden“. Heute jedoch gilt: Religionen verbieten nicht, sondern bringen Verantwortlichkeit ins Spiel. Es geht beispielsweise darum, Empfängnisverhütungsmittel mit Beziehungsfähigkeit zu verknüpfen. Es geht darum, dass Homosexualität aus dem Sündeneck geholt wird und es wird deutlich, dass gleichgeschlechtlich Liebende ihren Platz in der Schöpfungsordnung Gottes haben. Aus dem religiösen Grundwissen kann geschöpft werden, um in der Schule den jungen Menschen auch ein Orientierungswissen für die Gestaltung ihres sexuellen Lebens mitzugeben.
Dr. Klaus Heidegger, Religionslehrer am Privaten Oberstufenrealgymnasium Volders und Vertreter der Berufsgemeinschaft der AHS-ReligionslehrerInnen