Die Legende hat aus ihnen Könige gemacht. Sterndeuter aus dem Osten sollen es gewesen sein, vielleicht Anhänger Zarathustras, jedenfalls Menschen mit Mut, ihrer Sehnsucht zu folgen, Utopien nicht als Spinnereien abzutun, in fremde Gefilde aufzubrechen, Altes hinter sich und Träume wahr werden zu lassen. Es sind Eigenschaften, die wir im noch jungen 2019 selbst spüren können. Die Kunst und die Legenden haben den Sehnsuchtsfolgern Kronen auf die Häupter gesetzt. So stehen sie in unseren Krippen. Majestätisch. Doch ihre Herrschaft ist nicht herodianisch. An ihren Händen klebt kein Blut. Ihre Roben stinken nicht nach Verderben. Sie duften nach Weihrauch und Myrrhe. Das königliche Gold bleibt nicht in den Palästen. Es wird zum Geschenk für die Armen. Sie beugen ihre Knie vor dem Kind in der Krippe. In dieser Haltung der „Heiligen Drei Könige“ verdichtet sich die Weisheit über das richtige Verhältnis von Religionen und Staat. Die Geschichte – auch in Tirol – zeigt uns drei Grundmuster mit vielen Schattierungen dazwischen.
Die erste Verhältnisbestimmung ist Kampf der Staatsmächtigen gegen die Religion und ihre Werte. Verknüpft mit der Dreikönigsgeschichte ist die Kindermordlegende von Bethlehem. Das Königtum von Herodes dient nicht dem Volk. Weihrauch wird benützt, um sich selbst zu beweihräuchern, und Gold wird für die eigene Protzerei verwendet. Wer heute König ist, muss die Kniebeugenfrage stellen: Diene ich dem Recht der Menschen zur Menschwerdung, vor allem den Rechten der Armen und Ausgegrenzten?
Eine zweite verhängnisvolle Fehlkonstellation im Verhältnis Religion-Staat ist die Verschmelzung beider Bereiche. Entweder bestimmt der Staat die Religion oder die Religion bestimmt den Staat. Tirol kannte die Zeit der erzbischöflichen Feudalherrschaft. Tirol erlitt zugleich die Zeit des Josephinismus.
Die Dreikönigslegende weist uns heute jene dritte Verhältnisbestimmung, die wir als religionsfreundliche Säkularität bezeichnen können: Die Könige dürfen Könige bleiben und schenken dem Kind in der Krippe nicht ihre Kronen. Staatenlenker missbrauchen die Kirchen nicht für ihre Zwecke und Kirchen wissen sich zu schützen vor Vereinnahmung. Die Heiligen Drei Könige zogen erfüllt vom weihnachtlichen Licht zurück in ihre Länder. Die Botschaft am Fest der Darstellung des Herrn lautet: Weder religionsfeindlicher Säkularismus noch religiös-staatliche Verschmelzungen; weder eine religiös-kirchliche Parallelwelt, die dem Staat wie ein Fremdkörper gegenübersteht, noch eine religiös-fundamentalistische Vereinnahmung des säkularen Staates. Diese Verhältnisbestimmung ist nicht zuletzt auch mit Blick auf die orthodoxen Kirchen wichtig, die zu Epiphanie ihr Weihnachtsfest feiern. Es braucht demokratisch legitimierte „Könige“, die offen sind für die aufgeklärte Menschenfreundlichkeit religiöser Grundwahrheiten genauso wie Kirchen und Religionsgemeinschaften, die sich politisch artikulieren dürfen und müssen und zu verantwortungsvollem, politischem und manchmal auch widerständischem Engagement ermuntern.
Klaus Heidegger