(Gedanken zum Sonntagsevangelium, 10.2.2019, Lk 5,1-11)
Manchmal geht es mir wie der schwedischen Schülerin Greta Thunberg, die am Ende einer elfminütigen Rede meinte: „I should talk about hope now. But I have no hope!“ Ihre Frustration richtet sich an die Politiker, die unwillens sind, den Klimawandel zu stoppen, sowie an alle Menschen, die mit ihrem Umweltverhalten dazu beitragen, dass die Emissionen steigen, statt eingebremst zu werden. Von einer anfänglichen Hoffnungslosigkeit erzählt auch das Evangelium zum heutigen Sonntag.
Wenn ich an so manche Situationen in der Welt sowie auch an Alltagssituationen denke, dann fühle ich mich nicht selten wie Simon und die anderen Jünger, die nach einem vollen Arbeitstag nicht wieder auf den See hinaus fahren wollten, um Fische zu fangen. Bei dem Evangelisten Lukas, Kapitel 5,1-11, hören wir folgende Geschichte. Der Apostelchef widerspricht resigniert Jesus, der dazu aufforderte, doch noch einmal die Netze auszuwerfen – das heißt: es noch einmal zu versuchen. Simon meint, dass sie doch schon draußen am See gewesen wären und nichts gefangen hätten. Petrus denkt vernünftig. In der Abendzeit ist tatsächlich nicht gut Fischefangen. Diese legendarische Geschichte spricht aber in Wirklichkeit wohl von einer anderen Situation: Nach jahrzehntelanger brutaler Unterdrückung durch die römischen Besatzungstruppen schien die Verheißung eines messianischen Friedensreiches in weite Ferne gerückt. Eine Jüdin oder ein Jude, der sich dafür noch engagierte, musste mit grausamer Verfolgung rechnen. Das Volk lebte in Armut. Aufruhr erschien zwecklos.
In den Evangelien lesen wir immer wieder von Situationen voller Hoffnungslosigkeit. Als einmal Hunderte Menschen Jesus zuhörten und dabei sehr hungrig wurden, wollten die Jünger die Menschenmenge schon wegschicken. Jesus aber fordert seine Freunde zum Handeln auf: Gebt ihr ihnen zu essen! Und das Wunder geschieht. Bei all den Wunderberichten waren Situationen, wo scheinbar nichts mehr ging. So berichten uns die Evangelien von Lazarus, wo die Umstehenden Jesus noch mit dem vernünftig-resignierenden Spruch „Herr, er stinkt schon“ von der Aktion abhalten wollten. Auch der Synagogenvorsteher glaubte schon nicht mehr, dass sein Tochter lebendig würde. Jesus sprach das befreiende: Talita kum! Jesus tut immer das, was auch Greta Thunberg am Ende ihrer Rede meinte: „The only hope I have is action!“ Jesus handelt wider jede Resignation.
Das Evangelium sagt mir heute in politischer Hinsicht: Wage es, Strukturen und Systeme in Frage zu stellen, von denen du weißt, dass sie tödlich für Mensch und Umwelt sind. Konkret auf die Kirche angewandt heißt dies für mich: Gib deine Träume von einer Kirche nicht auf, in der Männer und Frauen gleichberechtigt sind und in der eine Sprache gesprochen wird, die auch junge Menschen verstehen. Gestern haben erstmals in Innsbruck Schülerinnen und Schüler am Streik „Fridays for Future“ teilgenommen. Sie glauben daran: Die Erderhitzung könnte durch entschiedenes Handeln gestoppt werden. Und auch für meine alltäglichen Lebensbereiche schenkt mir das heutige Evangelium Mut. Trau dich zu leben. Handle, selbst wenn die Umstehenden schon resigniert haben oder dich davon abhalten wollen, authentisch zu sein. Nur so können Fische des Glücks gefangen werden.
Klaus Heidegger, 9. 2. 2018