Einheit erfahren
Einheitserfahrungen sind der Grundakkord des Evangeliums (Johannes 10,27-30) vom 4. Ostersonntag. Die Beziehung von Jesus zu seiner Gemeinde wird wie eine liebevolle Einheit zwischen der Schafherde und ihrem Hirten gemalt. Schafherde und Hirte hören aufeinander, vertrauen einander, kennen einander – und werden so in Gefahrensituationen bestehen können. Was hier im Bild ausgedrückt wird, ist die Erfahrung von einer tiefen Einheit zwischen Jesus und jeder einzelnen Person, die sich auf eine Aktions- und Liebesbeziehung mit dem Auferstandenen eingelassen hat. Darin spiegelt sich zugleich jene Einheit wider, die zwischen JHWH(Gott) und Jesus erfahrbar wurde, wenn es im Johannesevangelium immer wieder heißt „ich und der Vater sind eins“.
Die Einheit in christlichen Gemeinden
Der Evangelist Johannes schreibt aus dem Erfahrungsschatz gemeindlichen Lebens und hat es selbst erlebt, wie eine Gemeinschaft ohne die Spaltung in Herren und Knechte, in herrschende Männer und beherrschte Frauen bestehen kann. Eine Initiative mit Namen Maria 2.0 setzt Zeichen, um eine tiefe strukturelle Zerrissenheit in der Kirche aufzuzeigen. Frauen und Männer sollen gleichberechtigt werden. Sie dürfen nicht länger von jenen Ämtern ausgeschlossen werden, die nur den Männern offen stehen. Damit in der römisch-katholischen Kirche in der Zulassung der Frauen zu allen Ämtern etwas weiter geht, ruft die Initiative Maria 2.0 die gläubigen Frauen dazu auf, eine Woche lang nicht in die Kirche zu gehen. Frauen in den vielen Funktionen, die sie in der Kirche erfüllen, sollen in den Streik treten. Anstelle dessen werden von Frauen geleitete Gottesdienste vor den Kirchen abgehalten.
Maria 2.0 in Innsbruck
Eine Gruppe von in der Kirche tätigen Frauen veranstaltete eine solche Aktion auch in Innsbruck. Der erste Teil eines Gottesdienstes wurde im strömenden Regen VOR der Spitalskirche in der Maria-Theresien-Straße gefeiert. Von dort ging es mit Transparenten und Bildern von Frauen, denen der Mund zugehalten wird, in einem Schweigezug VOR den Innsbrucker Dom. Beginnend mit Maria, der Mutter Jesu, wurde an die vielen bedeutsamen heiligen Frauen erinnert, die als Apostelinnen, Kirchenlehrerinnen, Theologinnen, Ordensfrauen oder selbst als Bischöfin die Kirche geprägt hatten. Auch wenn es nur wenige waren, die sich Zeit für diese widerständische Demonstration nehmen konnten, darunter auch Männer, war sie ein wichtiges Zeichen. Sie zeigte: Wir geben nicht auf an eine Kirche zu glauben, die nicht gespalten ist in jene, die dienen, und jene, die leiten. Sexistische Ungleichbehandlungen schaffen Zerrissenheiten. An anderer Stelle gibt Jesus im Johannesevangelium der christlichen Gemeinde ganz gleichlautend den Auftrag: „Ich will, dass ihr eins seid!“ Nicht jene Menschen, die für eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Kirche eintreten, schaffen Spaltung, sondern diese liegt in den Strukturen.
Klaus Heidegger
Das gemeinsame Feiern machte Mut bei dieser Kundgebung – und die Erfahrung, dass die Forderung nach dem Weiheamt für Frauen und nach der Aufhebung des Pflichtzölibats von Frauen und Männern getragen wird!