Meine Stimme gehört nicht jenen, die mit dem Leitspruch „jetzt erst recht“ weiter machen wie bisher. Nicht jenen, die Menschenrechte mit Füßen getreten haben. Nicht einer Partei mit einem Ex-Minister, der zynisch Einreisezentren in Ausreisezentren umbenennen ließ, der sich in einer Art Kampfanzug präsentierte, der noch als letzte Amtshandlung die 1,50-Euro-Stundenentlohnung für Flüchtlinge erließ und von Null-Asylaufnahme träumte. Nicht jenen, deren eigenverschuldete Dummheit, unappetitliches Machogehabe und republikgefährdende Ideologie zur Regierungskrise führten und die jetzt andere beschuldigen: das Ausland, bestimmte Kreise, Journalisten und wen auch immer. Nicht jenen, die mit ungeheurem ökologischem Fußabdruck auf eine Partyinsel fliegen, sich dort in einer Finca mit Redbull und Vodka volllaufen lassen, einem Machogehabe frönen und Frauen wie Sexobjekte goutieren. Nicht jenen, die mit ihrer Politik die Erderhitzung kaltschnäuzig ignorieren und noch mehr Tempo auf Autobahnen und die schier grenzenlose automobile Freiheit wollen. Ich falle nicht hinein auf die die furchteinflößenden Verschwörungstheorien, auf die islamophoben und rassistischen bierdunstigen Rülpser oder auf die „Bevölkerungsaustausch“- und „Eurabia“-Rhetorik. Meine Stimme gehört nicht jenen, die bei Wahlkampfveranstaltungen mit rot-weiß-roten Warnwesten vor der EU warnen, wo Redner gegen die EU das Wort erheben. Im Herzen sind sie für Öxit und Visegrad-Staaten-Anschluss. Auch nicht jenen, die sich verbündet haben mit zehn weiteren rechtspopulistischen Parteien Europas, die allesamt einen migrationsfeindlichen und völkisch-rassistischen Kurs fahren. Der Nationalismus hat schon viel zu oft Krieg nach sich gezogen. Es ist zu hoffen, dass all die Salvinis und Le Pens, die Straches und Vilimskys und die Orbans, die Wilders und die Nigel Farages in die Schranken gewiesen werden, wie es eben mit dem Strache-Gudenus-Duo geschah.
Meine Stimme gehört auch nicht jenen, die viel zu lange mit jenen kuschelten, die oben beschrieben sind, und nun so reden, als hätten sie nicht längst gewusst, wie ihre Partner beschaffen sind. Immer noch wird von „Einzelfällen“ jener gesprochen, obwohl hinter so genannten „Einzelfällen“ leicht durchschaubares System steckt. Ich werde jenen nicht die Stimme geben, die aus eigenem Machtinteresse die Rattengedichtdichter und ihre Claqueure an die Spitze des Staates holten und jetzt so tun, als hätten sie ihre republiksverächtlichen Ideologien nicht gekannt. Sie wollen sich uneinsichtig auf ihren türkisen Socken aus der Verantwortung schleichen und haben zuvor die staatlichen Sicherheitsapparate in demokratiefeindliche und korruptionsbereite Hände gegeben. Meine Stimme ist nicht für jene One-Man-Partei, die in die Geschichtsbücher eingehen wird als Partei, die eine rechtsextreme Partei regierungsfähig werden ließ und damit die Republik an die Wand gefahren hat. Jene wähle ich nicht, die zu viele der rechtspopulistischen Positionen selbst übernommen haben. Jener ist groß geworden, weil er als Balkanroutenschließer sich groß gemacht hat und all die asylfeindlichen Beschlüsse der letzten Monate bereitwilligst mitgetragen hat. Auch diese haben das Vertrauen längst verspielt, die nun messiashaft ankündigen, nur „eine Person“ könne dieses Land aus dem Chaos führen.Würde es dieser Partei und deren Politiker wirklich um die großen Fragen gehen, dann hätten sie nicht im Stil der Rechtspopulisten die EU mit „Regulierungswahnsinn“, „Bevormundung“ und billiger Polemik im Stile von „Schnitzel- und Pommesverordnung“ gegen notwendige ökologische Maßnahmen und Regulierungen auf europäischer Ebene Stimmung gemacht. Diese ist im Sinne von Gesundheit genauso wichtig wie das Glühbirnenverbot, das als eine der erfolgreichsten EU-Klimamaßnahmen gilt, weil dadurch die LED-Revolution beflügelt wurde und Unmengen an Energie eingespart werden konnten. Ich gebe meine Stimme nicht her für einen anti-europäischen Kurz-Kurs.
Die EU-Wahlen sind der Tag für eine andere Stimme: Gegen jene, die die Diktatur planten, gegen jene, die die Republikszerstörer viel zu lange gewähren ließen. Für jene, die den Rädern der Erderhitzung in die Speichen greifen, auch wenn dies vielen nicht gefällt. Für jene, die jetzt schon Opfer der klimatischen Veränderungen sind und unter grauenvollen Umständen in Flüchtlingslagern auf der anderen Seite der EU-Mauer gestrandet sind. Für jene, die nicht neue Kriege planen, sondern die Kriegsindustrien in die Schranken weisen wollen. Für jene, die gemeinsam mit anderen Abgeordneten im Europäischen Parlament jene große Fragen gesamteuropäisch und international lösen wollen, die nur auf dieser Ebene lösbar sind. Alles zu tun, damit die Klimaziele von Paris und Katowize eingehalten werden; damit dem neoliberalen Wirtschaftssystem ökologisch-soziale Grenzen gesetzt werden, damit dieses Europa zur Friedens- und Sozialunion wird. Es ist meine wertvolle Stimme für diese Richtung.
Klaus Heidegger, 25. Mai 2019