Dreifaltig kniefallender Gott

In Gott beginnen

Im Namen Jahwes,
im Namen der ICH-BIN-DA-Kraft,
die Abraham und Sarah und ihre Kinder zum Aufbruch ermutigt hat,
die Mose und Mirjam zum rebellischen Exodus gestärkt hat,
die hörbar wird im Ruf „let my people go“,
die rund um den Erdball auch heute Menschen zum Widerstand ruft,
die uns träumen und kämpfen lässt für eine gerechte Welt.

Im Namen Jesu von Nazareth,
der selbst Opfer gewaltsamer Strukturen wurde,
der im Widerstand gegen todbringende Logik war,
der zum Einsatz für Gerechtigkeit ermutigt,
der sein Knie beugte um Füße zu waschen,
der Gewalt nicht mit Gewalt begegnete,
der heute zur Gewaltfreiheit befähigt.

Im Namen der Geistkraft,
die uns Kraft schenkt zum Einsatz gegen rassistische Einstellungen,
die uns Weisheit schenkt Feindbilder zu entlarven,
die uns Mut schenkt gewaltfrei zu widerstehen,
die uns die Faust erheben und die Knie beugen lässt,
die lebendig ist in den Hunderttausenden der Black-Lives-Matter-Bewegung auf der ganzen Erde

Die Geste des Kniefalls als geistvolles Zeichen

Der Kniefall ist in den Pfingsttagen 2020 weltweit zur verbindenden Geste der Black-Lives-Matter-Bewegung geworden. George Floyd starb, als ein Polizist auf seinem Körper kniete und ihm die Luft nahm. Die Arretierung mit dem Knie ist Symbol menschenenverachtender Polizeigewalt. Der Kniefall der Protestierenden ist hingegen politisches Widerstandssymbol geworden. Ein gewaltfreier Protest. Schon lange vor der Black-Lives-Matter-Bewegung war der Kniefall ein politisches Zeichen. 2016 bereits entschloss sich der Football-Star Colin Kaepernick aus Protest gegen die Polizeigewalt in den USA während der Nationalhymne auf die Knie zu gehen. Kaepernick verweigerte dem Land, das den Tod unzähliger Unschuldiger akzeptiert, seinen Respekt. Er folgte damit den Spuren Muhammad Alis, der fünfzig Jahre zuvor aus demselben Grund den Wehrdienst verweigert hatte und dafür seinen Weltmeistertitel verlor. Der Kniefall von Kaepernick beendete seine Karriere. Heute knien in den USA bei Protestveranstaltungen Polizeibeamte mit den Demonstrierenden nieder. Der Kniefall signalisiert: „Ich sehe den Schmerz der Schwarzen in den USA, die unter Polizeigewalt gelitten haben, aber auch den Rassismus, der immer noch in diese Nation eingeschrieben ist.“ Die Corona-Pandemie hat die Ungleichbehandlung von schwarzen und weißen Amerikanern noch deutlicher zum Vorschein gebracht. Der Kniefall ist nun die verbindende Geste, in dem sich der Geist der Solidarität, der Gewaltfreiheit und der Versöhnung manifestiert. Auch in Innsbruck waren es 4000 – darunter Diözesanbischof Hermann – die vergangenen Samstag einen Kniefall machten – aus Solidarität für alle Menschen, die unter rassistischer Gewalt und Ausgrenzung leiden.

Klaus Heidegger, 7. Juni 2020, Dreifaltigkeitssonntag

Kommentare

  1. Voll zärtlicher Kraft u kraftvoller Zärtlichkeit ist Dein Text, Klaus! Für mich deutet er an, dass – bei allem Respekt vor den Glaubensbekenntnissen der frühen Konzilien – mehr möglich wäre an Verheutigung u damit an Verlebendigung u Sitz-im-Leben-Verankerung dieser bedeutenden Texte. Was ich in ihnen immer mit Schmerz vermisse, ist das zentrale des Glaubens: dass Gott die Liebe ist u dass Jesus aus Liebe in den tödlichen Konflikt gegangen ist u dass die Liebe die Existenzweise der Christen ist. Ich weiß, dem steht d Prägnanz, das Hieratische der Symbola entgegen: doch unter dem Verzicht auf das Herz unseres Glaubens.

    1. Lieber Peter, du hast das Ringen in meinen Texten sehr genau wahrgenommen, eine Verankerung der göttlichen Liebe im Präsentischen, im Erfahrbaren – und nur dort letztlich wird diese Liebe spürbar und erfahrbar.

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