Auf den höchsten Punkt Deutschlands: Zugspitzüberschreitung

Auf den höchsten Punkt Deutschlands: Zugspitzüberschreitung

Donnerstag, 29. Juli 2021. Wir wussten, dass wir früh aufbrechen müssen, um irgendwelchen Staus am Klettersteig auszuweichen. Die heutige Tour gehört wohl zu den Klassikern unter den Klettersteigen in Deutschland. So trafen wir uns bereits um 4.30 am Parkplatz in Hammersbach unweit von Garmisch Partenkirchen. Das Wetter versprach zwischen den vielen Regentagen heute gut zu sein. Gleich von Beginn an wurde sichtbar, dass wir ein starkes Bergteam zu sechst sein würden, die eine lange Tour miteinander durchsteht. Aufbruch dann um 4.45. 8 Stunden Aufstiegszeit sind angeschrieben. Die Stirnlampe leuchtet noch ein wenig den Weg ins Höllental aus. Sanft und flach geht es los. Als der Morgen graut, verläuft der Steig landschaftlich imposant durch die Schlucht. Beim Drehkreuz und der kleinen Hütte ist noch kein Betrieb. So können wir auch keinen Obulus verrichten. Der Hammersbach hat sich tief in einen Canyon eingegraben. Tropfende Tunnel und Brücken, die rutschnass von der Feuchtigkeit sind. 2 Kilometer sind es bis zur Höllentalhütte am Ende der Klamm. Dort gibt es für die Gäste gerade Frühstück, zwei andere Gruppen machen sich für den Aufstieg bereit. Im Süden erhebt sich die Wand auf die Zugspitze, rot-golden beleuchtet von der Morgensonne und im tiefblauen Morgenhimmel steht die kreisrunde weiße Mondscheibe. Ein wenig wird gerastet und gestaunt. Immer wieder überholen wir Gruppen, die vor uns unterwegs sind. Am Höllentalferner ziehen wir Steigeisen bzw. Grödel an. Es ginge heute zwar ohne, weil der Schnee sehr aufgeweicht ist. Spalten sind keine sichtbar und auch die Randspalte am Beginn der Gipfelwand ist harmlos. Ein grantiger Bergführer mit einem unsicheren Gast, den er am Seil führt, schiebt sich noch vor uns und murmelt unfreundlich, als wir seilfrei an ihm vorbeiklettern. Das ist aber die einzige unfreundliche Begegnung heute. Klettertechnisch unschwierig, oft aber sehr ausgesetzt und an wenigen Stellen auch ohne sicherndes Stahlseil geht es schnell hinauf. Die reine Aufstiegszeit vom Wanderparklatz in Hammersbach bis zum Gipfel ist bei rund 5 Stunden. Mit Pausen waren es 5.31 auf einer Streckenlänge von 20 Kilometer (!) und rund 2.200 Höhenmetern.

Der Gipfel

Dass wir am Gipfel nicht allein sein werden, darauf war ich vorbereitet. Dass aber eine solche Menschenmenge den höchsten Punkt Deutschlands bevölkert, dass eine solche riesige technische Anlange rund um und auf den Vorgipfel des eigentlichen höchsten Gipfels gebaut ist, das hat mich dann doch  überrascht. Wir kommen direkt aus der Wand zum höchsten Punkt, auf dem das goldene Kreuz steht. Erst aus dieser Perspektive nehmen wir dann den Rummel am gegenüberliegenden Gipfel wahr. Eine kaum übersehbare Fülle von Plattformen und Terrassen ist rund um und auf den Gipfel betoniert worden, von dem nichts mehr sichtbar ist. Gleich von zwei Seiten – vom Eibsee weg und von der Tiroler Seite – schwingen sich Seilbahnen hinauf. Das gesamte Konglomerat von Bergstationen und Restaurant aus Stahl, Beton und Glas ist mehrere Stockwerke hoch. Die Münchnerhütte im Hintergrund wirkt dagegen richtig bescheiden. Auf einer Plattform hat sich eine Menschenschlange gebildet. Man wartet, um den finalen Gipfelanstieg machen zu können. Dort komme ich mir vor wie ein Berufsfotograph, weil ich – gesichert durch mein Klettersteigset – die beste Position habe, um Leute mit dem Kreuz darauf zu fotographieren.

Abstieg zum Eibsee und nach Hammersbach über Stopselziehergrat

Unschwierig, aber dennoch mit Vorsicht zu gehen, ist der Abstieg dann auf Tiroler Seite zunächst über den Wettersteingrat dann über den Stopselziehergrat zur Wiener Neustädter Hütte und von dort auf teils ausgesetztem Steig hinunter zum Eibsee, den wir in der Tiefe heute immer schon von tiefblau bis türkis-grün leuchten sahen. Dort unten herrscht reger Betrieb. Auch wir nehmen uns noch kurz Zeit zum Schwimmen bzw. Abhkühlen, bevor wir den Weg bzw. die Straße zurück nach Hammersbach gehen. Zunächst dachten wir daran, die Zugspitzzahnradbahn hinaus nach Greinau zu nehmen, aber als wir die Traube von Menschen sahen, die dort wartete, entschieden wir uns doch für den Fußmarsch. Für den gesamten Abstieg mit drei kurzen Pausen und einer längeren Pause am Eibsee waren es jedenfalls wieder 6 Stunden verteilt auf fast 20 Kilometer. Zusammengefasst: Eine ordentlich Tour mit allem, was zu bieten ist: Eine frühmorgendliche Wanderung durch eine Schlucht, Bergtäler, langer Klettersteig mit kurzer Gletscherberührung, Gipfel, Erfahrung Tourismus on the Top of Germany, langem Abstieg über steile, ausgesetzte Pfade, Wälder, See und gemütlichem Auswandern. Und dies alles mit Menschen, die die Berge lieben und die Herausforderungen, die sie bedeuten.

 

Kommentare

  1. Lieber Klaus, vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht! Zum Glück gibt es bei uns in Tirol noch viele einsame Platzl! Viele schöne Eindrücke, Maria

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