Impfthematik in der Schule
Wie kaum ein anderer öffentlicher Bereich ist die Schule betroffen von der Pandemie. Zuerst waren da die monatelangen Lockdowns und die Umstellungen auf Distance-Learning oder irgendwelche Maßnahmen wie die Hälfte der Klasse daheim und die andere Klasse online. In den Frühlingsmonaten 2021 sahen sich Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonen nur mit FFP-2-Masken. Seit dem Ende des dritten Lockdowns sind es die Corona-Tests, die dreimal wöchentlich erfolgen. Ich möchte keinesfalls diese Maßnahmen kritisieren. Sie waren und sind notwendig. Sie: Das heißt wöchentlich Abertausende Tests und jedes Testen ist verbunden mit hohem Aufwand für jene, die im Schulsekretariat arbeiten, und mit Restmüllkübeln, die sich füllen mit den Testkits und deren Verpackungen. Die Gurgeltests mit einem etwas erhöhten administrativen Aufwand haben die Arbeit und den Aufwand noch vergrößert. Es ist ein enormer finanzieller und umweltbelastender Aufwand, gegen den es eine Lösung gäbe, damit masken- und testbefreit gearbeitet werden kann: Eine hohe Durchimpfungsrate. Da aber hinkt Österreich nach. Es sind nur etwas mehr als 60 Prozent geimpft, bei der Gruppe derjenigen, die in der Schule geimpft werden könnte, ist die Zahl noch niedriger. Aus den medizinischen Fachkreisen, denen ich vertraue, hört man: Es bräuchte zumindest eine Durchimpfungsrate von 80 bis 85 Prozent.
Impfen als Strategie der Pandemiebekämpfung
Ich selbst bin von Natur aus ein impfkritischer und auch stets regierungskritischer Mensch. So habe ich mich noch nie gegen eine Grippe-Infektion impfen lassen. Corona ist für mich aber anders. Grippe ist nicht Pandemie, Covid-19 schon. Die Auswirkungen von einer Covid-Erkrankung sind unvergleichlich gefährlicher als jene einer Grippeinfektion. Die derzeit erhältlichen Impfstoffe wirken. Sie haben einen hohen, wenngleich auch nicht vollständigen Impfschutz. Die Viruslast wird kleiner und damit auch das Ansteckungsrisiko sowie im Falle einer Erkrankung die Schwere eines Verlaufs.
Dennoch würde ich nie abfällig über jene Menschen reden, die sich entscheiden, sich nicht impfen zu lassen. Sie werden ihre guten Gründe haben. Dabei meine ich aber nicht jene, die Verschwörungstheorien anhängen oder schlichtweg zu bequem sind, sich über pandemische Zusammenhänge zu informieren und daraus auch für das persönliche Leben Schlüsse zu ziehen. Ich vermeide daher Worte wie „Impfverweigerer“, weil sie verletzend und abwertend sind. Für mich gilt: Niemand darf zu einer Covid-Impfung gezwungen werden. Nicht alle, die sich nicht impfen lassen wollen, sind Querdenker oder rechtspopulistische Anhänger von Kickl & Co.
Attacken gegen die Impfstrategien
Allerdings erfahre ich persönlich und beruflich, was es bedeuten kann, wenn ich öffentlich von einer „moralischen Impfpflicht“ spreche, die für mich nichts mit Zwang oder Verordnung zu tun hat, die niemanden zwingen will, sich impfen zu lassen und andere Positionen gelten lassen will.
Man – und hier passt dieses anonyme „man“ – verweigert ein Gespräch und agiert aus dem Hinterhalt, schüchtert ein, schaltet einen Rechtsanwalt ein, der schon einmal auf dem Rechtsweg ministerielle Covid-Verordnungen torpedieren wollte.
Man diskreditiert Religion generell, weil diese mit Glauben und nicht mit Wissen zu tun habe. Wer so argumentiert, hat jedenfalls nicht viel vom tieferen Wesen jeder Religion verstanden, die immer auf Erfahrung bzw. Empirie aufbaut. Glaube gründet auf Wissen und wo das nicht geschieht, sind wir in den perversen Fundamentalismen, die es freilich in jeder Religion gibt. Als Religionslehrer der im Auftrag der Kirche und der Bildungsbehörden tätig ist, kann ich auf einem großen und gemeinsamen Konsens bauen. Starkes Symbol dafür ist wohl die Tatsache, dass in der bedeutsamsten Kirche Österreichs eine Impfstation errichtet wurde. Dazu meinte Kardinal Schönborn: „Der Stephansdom ist ein geeigneter Ort, um daran zu erinnern, dass impfen etwas mit Selbstschutz, Nächstenliebe und
andere zu schützen zu tun hat, deshalb glauben wir, dass der Stephansdomdafür ein guter Platz ist.“
Man diskreditiert generell die Medien und Journalistinnen und Journalisten und verwendet Worte aus der Zeit des Nationalsozialismus, wenn man von „Lügenpropaganda“ schreibt und redet. Vor allem der ORF wird dabei ins Visier genommen.
Man diskreditiert generell die staatlichen Instanzen und redet und schreibt von „Regierungspropaganda“ und „Angstkampagne“, wenn diese über Covid-Maßnahmen aufklären.
Man verharmlost die Covid-19-Infektionen und stellt sie als weniger gefährlich dar als Influenza. Man leugnet schlichtweg Berichte über die Auswirkungen der Pandemie. Man versucht selbst am Beispiel von Bergamo, wo sich innerhalb kurzer Zeit Tausende Menschen infizierten, wo sich Ärztinnen und Ärzte bis zur völligen Erschöpfung um die Covid-Erkrankten kümmerten, wo Kirchen sich mit Leichensärgen füllten abstruse Konstruktionen: Die Berichte seien getürkt gewesen und die Toten seien die Folge eines Schiffunglücks und wenn das Krankensystem in Italien zusammenbreche, sei das ohnehin an der Tagesordnung.
Man bestreitet die Wirksamkeit der Covid-19-Vakzine mit dem Verweis, dass sie keinen vollständigen Impfschutz geben würden. Auch hier wird die Halbwahrheiten-Argumentation sichtbar. Dass die Viruslast – und damit auch die Ansteckungsgefahren sowie die schweren Verläufe einer Krankheit – durch Impfungen sinken, wird nicht genannt. Auch nicht, dass eine Neuinfektion aufgrund von Impfungen in einem sehr geringen Ausmaß stattfindet, dass die Hospitalisierungen und intensivmedizinischen Aufenthalte bei Geimpften nur ganz selten sind – und diese auch nur aufgrund anderer Vorerkrankungen.
Man behauptet, Covid-19-Impfungen würden unfruchtbar machen und verunsichert damit vor allem junge Menschen. Solche Impfmythen gab es auch schon gegen die Polio-Impfungen und haben sich als völlig haltlos herausgestellt. Medizinisch-biologisch gesehen ist erwiesen, dass Covid-Impfungen nicht zur Unfruchtbarkeit führen können.
Man warnt vor den Gefahren der der mRNA- und Vektorimpfstoffe und nimmt lieber in Kauf, dass es zum nächsten Lockdown kommt, dass das Krankenhauspersonal bis zur Erschöpfung sich um Covid-Erkrankte kümmert, dass vulnerable Gruppen unserer Gesellschaft in der Pandemie besonders gefährdet sind, die Wirtschaft noch mehr Schaden erleiden wird und Schulen wieder geschlossen werden müssten.