Sterndeutendes Königtum

Legenden haben aus den Magiern, von denen Matthäus in seinem Evangelium berichtet, Könige gemacht. Diese Vermischung von Königsmetapher und Sterndeuter ist gut so. Wer König oder Königin ist, wer inthronisiert ist, um zu lenken und zu leiten, soll auch Sterne als Maßstab nehmen. Sterne stehen archetypisch für unsere Sehnsucht nach anderen, nach besseren Orten und nach Wegen im Dunkeln. „You should reach out to the stars“, so habe ich vor einer Woche in meiner Rede in der Maria-Theresien-Straße am Weltfriedenstag Desmond Tutu zitiert.  Wir sollen uns eben nicht zufrieden geben mit all den Situationen, wo es Menschen nicht gut geht. Wir sollen immer wieder neu – jeden Tag wieder – den Mut haben für den Aufbruch zu einem neuen, zu einem besseren Leben, im Politischen wie im Privaten.

Die Kunst und die Legenden haben den Sehnsuchtsfolgern Kronen auf die Häupter gesetzt. So stehen sie in unseren Krippen. Majestätisch und dienend zugleich. Ihr Königstum ist nicht herodianisch. An ihren Händen klebt kein Blut. Ihre Roben stinken nicht nach Verderben. Sie duften nach Weihrauch und Myrrhe. Das königliche Gold bleibt nicht in den Palästen. Es wird zum Geschenk für die Armen. Sie beugen ihre Knie vor dem Kind in der Krippe.

In dieser Haltung der „Heiligen Drei Könige“ zeigt sich die wahre Größe der politisch Verantwortlichen. Weihrauch wird nicht benützt, um sich selbst zu beweihräuchern, und Gold wird nicht für die eigene Protzerei verwendet. Wer heute König ist, muss die Kniebeugenfrage stellen: Diene ich dem Recht der Menschen zur Menschwerdung, vor allem den Rechten der Armen und Ausgegrenzten?

Was taten die „Könige“, als sie weiterzogen? Sie haben dem Kind in der Krippe nicht ihre Kronen gegeben. Die Heiligen Drei Könige zogen erfüllt vom weihnachtlichen Licht zurück in ihre Länder. Es braucht die demokratisch legitimierten „Könige“ und „Königinnen“, die offen sind für die aufgeklärte Menschenfreundlichkeit, die ihre Knie auch im politischen Alltag vor jenen beugen, die ganz unten sind, in den Ställen der heutigen Zeit, in den Grenzgebieten, verlassen und verfolgt in den Peripherien. Dort leuchten heute die vielen Sterne. Gerade darauf macht uns auch die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar Österreichs mit ihren Sternsingerinnen und Sternsingern aufmerksam.

Klaus Heidegger