Jene, die schon ganz am Rande der Kirche stehen, die sich in ihr längst nicht mehr beheimatet fühlen, die die ritualisierten Formeln nicht mehr entziffern können, die die salbungsvollen Worte nicht verstehen, für die traditionelle liturgische Texte wie eine Fremdsprache sind, die Männer in langen Gewändern und mit eigenartigen Kopfbedeckungen wie in einem Faschingskostüm erleben, die keinen Mehrwert darin sehen, dass Priester zu einem ehelosen Leben gezwungen werden, die darin vielmehr eine Missachtung der Sexualität erkennen, die den Ausschluss von Frauen von kirchlichen Ämtern als frauenfeindlich und sexistisch wahrnehmen, die Machtstrukturen in der Kirche als autoritär interpretieren, die sich mit fadenscheinigen Entschuldigungen über Missbrauchstaten und Vertuschungen nicht zufrieden geben, sondern Entschuldigungen und Aufklärungen erwarten, die die Perspektive der Opfer und nicht der Täter einnehmen, die hören und lesen, dass homophobe Äußerungen in kirchlichen Dokumenten noch nicht verschwunden sind, jene vielen, und ich denke hier vor allem an die Generation der Jugendlichen heute, mit denen ich in der Schule täglich zusammen bin, jene werden angesichts der jüngsten Ereignisse noch mehr der Kirche entfremdet werden und viele von ihnen werden die fremd gewordene Kirche endgültig verlassen.
Jenen möchte ich aber erzählen von einer anderen Kirche, die in der Spur Jesu und seiner Jüngerinnen und Jünger ist, die hinführt zu Orten, in denen die Zukurzgekommenen oder im Leben Gescheiterten Hilfe erfahren, eine lebendige Kirche in Organisationen, die sich kompetent um die sozial Ausgegrenzten kümmern, in den Dörfern und Stadtteilen, wo Menschen Gemeinschaft erfahren in gemeinsamem Gebet, in lebendigen Feiern und in konkreter Solidarität, eine Kirche, die anzutreffen ist in den Alltagsbegegnungen und den Häusern, wo Eltern mit ihren Kindern beten und Worte für das Göttliche finden, wo das Leben wie das Brot liebend geteilt wird und damit Göttliches zuhause sein kann, in den Schulen oder Arbeitsstätten, wo sich ständig neu ein gläubiges Leben bewahrheiten kann.
Damit diese bedeutsamen Kirchenwirklichkeiten, die nicht im Scheinwerferlicht von Sensationsberichterstattungen stehen, lebendig bleiben, braucht es dringend auch das mutige Handeln der Kirchenleitungen. Das heißt konkret: Frauen sollen nicht länger von den kirchlichen Ämtern ausgeschlossen werden. Bischöfe, sagt es endlich! Die Rolle des Zölibats darf nicht länger nur schöngeredet werden. Und weiters: Es soll nicht nur in meiner Diözese offen kommuniziert werden, dass niemand im kirchlichen Dienst Angst haben muss, den Job zu verlieren, weil er oder sie in gleichgeschlechtliche Partnerschafte lebt.
Klaus Heidegger, 3. Februar 2022
Lieber Klaus, grundsätzlich gehe ich mit dir da coeur. Allerdings gehe ich noch weiter bezüglich einer notwendigen Veränderung. Für die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat reicht die Berufung aus der Taufe. Das Weiheamt mit seiner Versuchung zum klerikalen Dünkel verhindert eine Veränderung zum Besseren.
Lieber Albert, ich stimme deiner lutherischen – positiv gemeint – Grundthese zu, deswegen schreibe ich auch nie davon, dass es eine Weiheamt für Frauen in der kath. Kirche braucht, sehr wohl aber eine Gendergerechtigkeit, was für mich bedeutet – und diese Konsequenz habe ich selbst gezogen – dass das von dir genannte aus der Taufe und der Nachfolge Jesu entspringende allgemeine Priestertum zentral ist, wo es natürlich auch, wie in den evangelischen Kirchen, bestimmte Ämter braucht, die für Frauen wie Männer in gleicher Weise offen sind. Danke für deinen Hinweis und lg., Klaus