„Warum sind viele Menschen so traurig?“, fragte sich ein Engel, als er vom blauen Himmel auf die Erde blickte. Ein göttliches Wesen neben ihm schien sein inneres Fragen gehört zu haben und meinte: „Vielleicht können die Menschen manchmal zu wenig den Himmel sehen, weil ihre Augen voller Tränen sind, oder zu wenig den Himmel spüren, weil Türen und Herzen verschlossen sind. Manche geben dann schließlich ihre Himmelsträume auf.“ Entschlossen, dies zu verändern, hatte der Engel eine wunderbare Idee. Er wollte den Menschen da unten etwas vom Blau des Himmels schenken, damit sie ihre Träume vom Himmel nicht aufgeben. Die blauen Tupfer auf den grünen und braunen Wiesen und Almflächen sollten von der Gegenwärtigkeit und Möglichkeit des Himmels erzählen. Alsdann nahm der Engel so viel Blau, wie er im Rucksack zwischen seinen Flügeln tragen konnte. Er landete irgendwo auf den hohen Bergen, um dort zu beginnen, manche Pflanzen mit seinem kostbaren tiefen Blau zu verfärben. Himmelblaue Tupfer waren nun auf Erden und liebten besonders die Frühlingsmonate. Die Blumen waren stark genug, um den oft stürmischen Bedingungen zu widerstehen. Gerade die kargen Lebensverhältnisse machten sie kräftig, ohne dass sie ihre Zärtlichkeit und Schönheit verloren. Fortan erinnerten die blauen Blumen die Menschen, nie aufzugeben an den Himmel hier unten auf Erden zu glauben. Es braucht wohl Engel, um solchen Glauben nicht zu verlieren.
klaus.heidegger, 7. 6. 2022