Es ist das Fest Mariä Verkündigung. 25. März 2024. Ein passendes Fest, um über die Gnadenhaftigkeit des Seins inmitten von Erbsündenhaftigkeit nachzudenken. Eine Gnadenhaftigkeit ist mir wohl: Berge direkt „vor der Haustüre“ zu haben, die sich ohne viel Aufwand erreichen lassen. Als ich noch in Absam wohnte, war der Hirzer jener Berg, der bei den Radfahrten zu Schule meine Blicke anzog. Gnadenhaftigkeit ist es, diese Berge mit eigener Kraft besteigen zu können und dabei auch Freundschaften zu erleben, mit denen ein Glück geteilt werden kann, damit es zum doppelten Glück wird. Zugleich spüre ich aber auch die erbsündenhaften Verstrickungen: In Innsbruck vergiften Plakate der FPÖ für die Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen das politische Klima. Laut Umfragen der letzten Tage sollen die Freiheitlichen trotzdem an der Spitze stehen. Im Inntal tobt auf der A12 der Osterreiseverkehr. Der tiefblaue Himmel ist zerfurcht von Kondensstreifen. Der neue Weltklimabericht der Vereinten Nationen spricht einmal mehr von den dramatischen Folgen, die die Erderhitzung nach sich ziehen wird. „1,5°!“ schrieb ich am Gipfel des Hirzer nach der Pariser Klimakonferenz in den Schnee. Das ist neun Jahre her – inzwischen sind diese Ziele unrealistisch geworden und die Kipppunkte sind erreicht. In den Nachrichten wird von den Gräueln der Kriege in der Welt berichtet. Vor mehr als zwei Jahren schon – zwei Tage nach der Invasion der russischen Armee in der Ukraine – hatte ich am Gipfelkreuz des Hirzer, unserem heutigen Ziel, die regenbogenbunte Friedensfahne im Sturm am Gipfelkreuz angebracht. Zwei Jahre später ist die Wirtschaft vieler europäischer Staaten auf „Kriegswirtschaft“ umgestellt worden. Vom Gipfel des Hirzer kann ich in den weiten Kessel des Wattentales blicken und damit in den zweitgrößten Truppenübungsplatz des heimischen Heeres. Vor ein paar Tagen wurde hier eine Großübung durchgeführt und die militärisch orientierten Journalisten in den Leitmedien berichteten stolz darüber. 2027 schon wird sich das Militärbudget Österreichs im Vergleich zum Budget vor fünf Jahren verdoppelt haben. „Kriegstüchtigkeit“ und „Kriegsfähigkeit“ sind zu den Leitworten europäischer Verteidigungsstrategen geworden.
Startpunkt der Tour ist beim inzwischen geschlossenen Gasthaus Hanneburger an der Wattenbergstraße. (1341 m) Erwartungsgemäß ist um diese Jahreszeit der Forstweg bis zu den steilen Almwiesenflächen nicht mehr mit Ski befahrbar. Mit Ski am Rucksack geht es also die ersten flachen drei Kehren rund 250 Meter hinauf bis zu den unteren Hütten des Niederlegers der Povereralm. Etwas Eis und Schneestollen bilden sich an der Unterseite der Felle. Das bremst den Schritt. Noch zwei weitere Tourengeher sind unterwegs, die ich dann später einholen werde, um schließlich die Spur selber ziehen zu können. Der lockere Zirbenwald und die Hänge sind von einem zauberhaftem Weiß überzogen. Strahlend weiß und unverspurt sind die weiten Hänge oberhalb vom Poverer Hochleger Unter dem frischen Pulverdeckel fühlt sich der Untergrund gut gefroren an. Trotz der Steilheit der Hänge scheint die Lawinengefahr minimal zu sein. Am Gipfelgrat bläst kräftiger, eiskalter Südföhn. Diesmal ist es möglich, mit den Ski bis zum Gipfel zu gehen. (2725 m) Herrliche Blicke über die viele Gipfel und Täler der Tuxeralpen und der Zillertaler Alpen und hinein ins Karwendel und ins tiefgrün-frühlingshafte Inntal hinunter, wo die Planen der Gemüsefelder das Sonnenlicht reflektieren. Eine herrliche Pulverabfahrt über die unverspurten Hänge folgt.