Präsidiumssitzung der Katholischen Aktion Österreichs in Salzburg. 75 Jahre schon darf die Katholische Aktion Österreichs Welt und Kirche mitgestalten. Sie wirkt und lebt in ihren Gliederungen – Jungschar, Jugend, Frauen, Männer – sowie in der spezifischen Welt der Arbeitenden, Studierenden, Akademikerinnen und Akademiker und trägt selbst LGTBQ+-Anliegen im Forum „Ehe und Familie“ mit. Vor einigen Wochen wurde im Rahmen der 75-Jahr-Feier das Zukunftsmanifest der KAÖ verabschiedet. Dort wird die Richtung vorgegeben, die für die KAÖ wegweisend ist. Die KAÖ hat als Zukunftsvision: „Eine Kirche, in der die radikale Botschaft des Evangeliums mit Gewaltverzicht und Option für die Armen nicht verwässert wird, wird an einer Welt mitbauen, die nicht in Krieg, Chaos und Zerstörung endet.“ Ich bin dankbar, als Vorsitzender der Katholischen Aktion meiner Diözese seit neun Jahren an solchen Visionen mitzudenken und mitzuarbeiten.
Der Tagungsort bei den Präsidiumssitzungen war in den letzten Jahren oft im Haus der KA Salzburg am Kapitelplatz am Fuße der Festung Hohensalzburg auf der einen Seite und dem Dom auf der anderen Seite. Die Blickrichtung in den Norden zur Festung ist symbolisch für die politischen Anliegen. Die KAÖ will nicht ein Europa, das sich in Festungsmentalität abschottet gegenüber den Herausforderungen und Krisen in der Welt. Die Blickrichtung in den Süden zum Dom und Erzbischöflichen Palais zeigt, dass die KAÖ selbst Kirche ist und die ganze Kirche mitgestalten möchte in ihrer bunten Vielfalt und Vielfältigkeit.
Gedankenvoll gehe ich am Ende des Sitzungstages durch Salzburg. In den Altstadtgassen und bei den Sehenswürdigkeiten ist ein touristisches Megagedränge. So fühlt sich Overtourism an. Ich verknüpfe mein ehrenamtliches Arbeiten in der Katholischen Aktion mit Erinnerungen an gestern und Visionen für morgen. Zum Gestern gehört für mich eine herrschaftliche Kirche in Gestalt von Erzbischöfen, die vor allem nach der Reformationszeit selbst Kriege führten und Hinrichtungen für politische Gegner befürworteten. „Eine Kirche der Gewaltfreiheit …“, so steht es im Zukunftsmanifest, will die Kirche heute sein. Am Kapitelplatz steht die monumentale Skulptur vom „Mann auf der Kugel“. Auf neun Metern Höhe steht er da, der Mann, auf einer riesigen goldenen Kugel. Bei jedem Vorbeigehen empfinde ich eine Art Mitleid mit diesem Mann – oder besser gesagt, mit jedem Menschen, der so stehen muss: Einerseits ganz stolz über und auf dem Gold stehend und doch so ungesichert, dass er permanent in Gefahr ist, hinunter zu stürzen. Es ist ein Sinnbild für uns Menschen, die wir uns über die Schöpfung stellen, anstatt mit ihr verbunden zu sein. Es ist ein Bild für die Einsamkeit, in die ein Mann gerät, der als „einsamer Wolf“ nicht verbunden sein will mit anderen. So kommen meine Gedanken zurück zur Katholischen Aktion: Da tun sich immer wieder neu – in allen Diözesen und Gliederungen – Menschen zusammen, die sich in Verbundenheit mit der Schöpfung gegen ihre Zerstörung engagieren und sich ermutigen, im Alltag nachhaltig zu leben.
Klaus Heidegger, 17.6.2024