Nach Sölden geht es mit Klimaticket relativ klimaneutral. Bahn und Bus – beides bestens aufeinander abgestimmt. Im Ötztal herrscht wie gewohnt Massenverkehr, der sich durch die Dörfer zwängt. Unser Ausgangspunkt ist Sölden. Auf östlicher Seite sind es nur wenig Schritte, um das touristische Treiben hinter bzw. unter sich zu lassen. Nicht gelingt es mir Gedanken an den Zustand der Welt hinter mir zu lassen: Das tägliche Morden und Sterben in Gaza, in der Ukraine; die Unfähigkeit und den Unwillen der Regierenden, nachhaltig-radikal die Konsequenzen aus der Klimakrise zu ziehen; die Masse von Menschen, die selbstbezogen eigenen Interessen huldigt und das größere Ganz aus dem Blickwinkel streicht; das Erstarken rechtsextremer und demokratiefeindlicher Kräfte in Gestalt von AfD oder FPÖ.
Ein mögliches Gewitter ermuntert uns, zügig zu gehen. Der bestens ausgeschilderte und markierte Weg führt zunächst über die Kleblealm und dann über gefühlt Millionen von Steinen, Felsbrocken und Gneisblöcken immer höher, bis nach rund drei Stunden die Hütte sichtbar wird. Imposant liegt sie auf der Spitze eines Berges. Für eine Abkühlung in dem verlockenden Laubkarsee ist heute keine Zeit. Die Wolken im Osten und Südwesten sind doch etwas bedrohlich. In vier Stunden erreichen wir die Hütte. Knapp 10 Kilometer und 1806 Höhenmeter sind es gewesen. Schwierigkeiten gibt es keine. Schon immer einmal wollte ich auf diese Hütte. Beeindruckend ist die Höhe am Gipfel der Wildkarspitze auf 3173 m und daher ist auch das Panorama beeindruckend. Blickfang ist der Wütenkarferner mit unzähligen Spalten tief unten im Osten der Hütte. In dieser Zeit Anfang September sind auch nicht mehr viele Menschen unterwegs. In wenigen Tagen wird die Hütte in Winterpause geschickt. Die letzten Bierflaschen werden geleert. Wasser zum Waschen gibt es keines. Das Wasserreservoir unterhalb der Hütte ist leer. Arbeiter sind dabei, einen kleinen Speichersee zu schaffen, der künftig zur Wasserversorgung der Hütte dienen soll. Wir nehmen noch einen kleinen abendlichen Abstecher auf den nahen Hüttengipfel, den Hohen Nebelkogel. Von dort aus ist der Blick in das hintere Ötztal mit seinen Seitentälern beeindruckend. Ich weiß, in welch privilegierten Zustand ich hineingeworfen bin, und spüre Dankbarkeit.