Die grüne Edelweißfahne des Alpenvereins und die rotweiße Fahne Tirols flattern heftig im Südföhn. Die hohen Berge rund um die Siegerlandhütte (2710 m) sind in Nebel- und Regenwolken gehüllt. Ein besonderes Wetter sorgt für besondere Stimmung, die uns nicht abhält, vor der Talwanderung noch auf den Hausgipfel zu steigen. Der Steig ist gut markiert und führt meist über Geröll und Blockwerk. Manchmal tun sich Tiefblicke hinunter aufs Timmelsjoch und die Täler ringsherum auf. Schafherden sind die einzigen lebenden Wesen, die uns beim Gipfelanstieg begegnen. Wo einst ein Ferner war, ist nur mehr Geröll geblieben, das auf den Eisresten des einstigen Scheiblehnferners liegt. Um das Kreuz des Scheiblehnkogels (3060) pfeift der Wind. Hinaus geht es das lange Windachtal – und von mir aus könnte es noch länger sein. Wie immer bei solchen Abstiegen: Die schon herbstliche Vegetation nimmt zu – zuerst waren es Moosbeerstauden, dann Zirben, die im sanften Regen besonders duften, dann Fichtenwald. Im Almgebiet sind selbst noch die steilsten Wiesen gemäht worden. Die Windach Ache, die zuerst fast friedlich durch das Tal mäandrierte, endet dann in einer imposanten Schlucht, die ins Ötztal hinunter fällt.
Im Abstieg waren es heute exakt 1999 Höhenmeter, im Aufstieg 644. In den Beinen hatten wir 17 Kilometer. Das stille Windachtal ist das extreme Gegenteil zum Lärm, der unten in Sölden ist. Motorräder, die sich mit Höllenlärm zuhauf durch den Ort stauen, Autoverkehr auf dem Weg zum und vom Timmelsjoch. Spaßfahrende verderben die Lebensqualität eines ganzen Tales. Unser Klimaticket schafft Entschleunigung – mit Kaffee in Sölden und Pizza in Ötztal Bahnhof. Auch solche Momente sind wertvolle Elemente unserer dreitägigen Tour.