Sakralraum und Boulderhalle zugleich?

Das Gebäudeensemble von Pfarrkirche Petrus Canisius mit dazugehörigen pfarrlichen Einrichtungen, Wohngelegenheiten, großzügigen unterkellerten Proberäumen und einem weitläufigen grünen Umgebungsbereich ist für diese Gegend von Innsbruck – in wenigen Gehminuten von der Universität entfernt, damit auch von vielen studentischen Einrichtungen, gleich daneben das kirchliche Studentenheim Bischof-Paulus, ein Riesenschatz, den die Diözese Innsbruck da zu verwalten hat und der damit viele Möglichkeiten bietet. Da ich unmittelbar daneben wohne, ist mir dieser Ort sehr vertraut geworden.  Es ist also gut, wenn sich die Diözesanverantwortlichen im Sinne des klassischen Prinzips der Katholischen Soziallehre von der Sozialverpflichtung des Eigentums auch glaubwürdig selbst Gedanken machen, wie dieses Kapital im Sinn der Allgemeinheit bestmöglich genützt werden kann. Eine fast immer leerstehende große Kirche schafft nicht jenes Image, das der Kirche dient.

Als begeisterter Sportler denke ich mir zugleich: Wenn ich klettern gehe, dann gehe ich ins Kletterzentrum Innsbruck, wenn ich Fitness betreiben möchte, gehe ich ins benachbarte Fitnessstudio – davon gibt es in unmittelbarer Nähe gleich 2. Würde ich zum Bouldern oder Klettern als doch klassisch-religiöser Mensch in einen Sakralraum gehen? Trotz meiner Leidenschaft wohl nicht. Die Frage stellt sich also: Ist es sinnvoll, wenn das Kirchengebäude zugleich Sakralraum und Boulderhalle sein soll? Ironisch gefragt: Werden die 12 Apostelkreuze zu Bouldergriffen umfunktioniert, der Tabernakel zu einem ganz besonderen Boulderblock? Wird das Kreuz bleiben?  Wird nicht die doppelte Funktion von Sakralraum einerseits und Boulderhalle andererseits sich irgendwie nicht vertragen? Mit anderen Worten: Wenn Boulderhalle dann Boulderhalle – mit allen Konsequenzen, wenn Sakralraum dann Sakralraum.

Welches jugendpastorale Konzept steckt dahinter? Wie sinnvoll ist es, die wenig verbliebenen jungen Menschen, die noch in den Pfarren Innsbrucks aktiv sind und Gottesdienste besuchen und ebendort auch hin und wieder Jugendgottesdienste organisieren, für einen regelmäßigen zentralen Jugendgottesdienstort abzuziehen, der jeden Sonntag in Petrus Canisius stattfinden soll? Wer wird diesen vorbereiten?

Kirchlich sozialisiert bin ich weiterhin ein Anhänger von pfarrlichen Wohnortgemeinden und nicht von großen Pfarrzusammenschlüssen. Wo liegen die Ursachen, dass in einer Pfarrgemeinde mit rund 1200 Mitgliedern sich bei der Sonntagsmesse durchschnittlich nur 25 Leute treffen? Warum sind es vor allem junge Menschen, die sich immer weniger in den kirchlichen Strukturen beheimatet fühlen? Ja, die Kirche hat ein großes Imageproblem, solange Frauen und Männer in der Ämterstruktur nicht die gleichen Rechte haben. Warum darf die engagierte Pastoralassistentin dieser Pfarre Taufgespräche führen, nicht aber selber taufen? Solche Fragen müssten gestellt werden. Eine authentische, glaubwürdige, vor Ort beheimatete Kirche könnte dazu beitragen, dass nicht noch mehr Menschen die Kirche verlassen und Ausgetretene wieder in die Kirche zurückfinden und dass junge Menschen auch ohne Boulderwände eine Kirche cool finden könnten.

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