Von einem ungeschrieben geschriebenem Gedicht auf herbstlicher Hüttenspitze

Braune Blätter von Buchen und Bergahorn, Grünes von gestern zu Laub geworden, getrocknet von Wärme und Wind, sind rutschig und raschelnd unter den Füßen auf schmalem Steig, der hinaufführt zur Alpensöhnehütte und dann weiter das kaum mehr wahrnehmbare Steiglein, anfangs durch Bergwald über föhngetrocknetes Berggras und zwischen knorrigen Baumstämmen und Latschen, dann über eine Felsrinne und graue, steile Geröllhalden, über einen kleinen Felsabbruch, bis der Blick ganz frei wird senkrecht hinunter ins Halltal, auf die kalkweißen Felsen des Bettelwurfmassivs und das Inntal, das nun abgrundtief darunter liegt. Ins Buch am Gipfel erdichten meine Gedanken ein Gedicht, das doch nicht hineingeschrieben wird, sondern mit dem warmen Wind aus dem Süden, wo sich dichte weiße Wolken in den hohen Gipfeln verfangen haben, ins tiefe Blau eines Himmels geschickt wird, der nur Weite und keine Grenzen mehr kennt:

Herbstliche Gipfelgedanken

den Tiefen entkommen und
die Höhen ertasten
wie im Leben
das Leben

die Schatten sehen und
das Licht umarmen
wie in einem Sein
voll Utopie im Konkreten

die Tritte suchen Halt
jeder einzelne zählt
zwischen Höhen und Tiefen
zwischen Schatten und Licht

warmer Wind löst Tränen
und trocknet zugleich
ich atme tief ein
das grenzenlose Tiefblau des herbstlichen Himmels

klaus.heidegger
(Hüttenspitze, 27.10.2024)

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