Vom Verharren des Patriarchats in der katholischen Kirche nach der Weltsynode

Der Ende Oktober 2024 beendete Prozess der Weltsynode wird in kirchlichen Kreisen mit folgender Erzählung als Message Control ausgegeben: Die bereits 2021 gestartete Weltsynode müsse als großer Fortschritt in der katholischen Kirche gewertet werden. Erstmals hätten im Vatikan nicht nur Bischöfe, sondern auch Laien und darunter auch einige Frauen über Glaubens- und Kirchenfragen miteinander in einem offenen Dialog gesprochen. Der Papst habe das synodale Schreiben nicht mehr mit einem eigenen Dokument ergänzt oder kommentiert, sondern sich quasi hinter dieses gemeinsam erarbeitete fünfzigseitige Synodenpapier gestellt und damit auf sein absolutistisches Machtprimat verzichtet.

In den brennenden innerkirchlichen Fragen wie strukturelle Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern und Abschaffung des Zölibats ist freilich die Synode nicht einmal einen kleinen Schritt weitergekommen. Das Frauenthema ist schon im Vorfeld der Synode aus den gemeinsamen Beratungen genommen und in eine Arbeitsgruppe abgeschoben worden. Bischöfe warnten in Pressekonferenzen vor der Klerikalisierung der Kirche, wenn Frauen die Weihe offenstehen würde. Das sagen gerade jene Männer, die selbst Kleriker sind und auch keine Scheu haben, bewusst klerikal zu wirken mit ihren Gewändern und ihrem Gehabe. Es ist schon ein Hohn, wenn Kleriker vor einer Klerikalisierung warnen. Die Argumentation erinnert an Kardinal Ratzinger, den späteren Papst Benedikt XVI., der vor dem Machtstreben der Frauen warnte, während er selbst im Vollbesitz der Macht war.

Es geht in der Gleichstellung der Geschlechter um weit mehr, als für Frauen die Weihe zur Diakonin, Priesterin und Bischöfin zu öffnen. Es geht viel grundsätzlicher darum, dass die patriarchalen Strukturen angesprochen und verändert werden müssen. Mit Blick auf die Kirche in den Ländern des Südens wurde argumentiert, dass Bischöfe aus Afrika oder Asien „noch nicht so weit“ seien und dass es überhaupt viel wesentlichere Dinge zu besprechen gebe: Ist Gendergerechtigkeit in der Kirche aber etwas, das verhandelbar oder unwesentlich ist? Ist der Maßstab für eine egalitäre Kirche die Befindlichkeit konservativer Bischöfe und Kardinäle, auf die Rücksicht genommen werden müsste? Wer nimmt Rücksicht auf die Frauen, die die Mehrheit der Kirchenmitglieder sind? Wer nimmt Rücksicht auf die Männer, die in stereotype Rollenbilder gedrängt werden, in denen dann die Kombination von Zölibat, Macht, propagiertem heiligmäßigem Status und fragwürdiger Sexualmoral zu einem gefährlichen Mix werden kann? Auch für die Kirche sollte der Artikel I der Menschenrechtsdeklaration als Kriterium gelten. „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Die festgestellte Gleichwürdigkeit würde bedeuten, die unheilvollen patriarchalen Strukturen bzw. die sexistisch motivierten Diskriminierungen endgültig aufzuheben. Diese sind ein Vergehen an der Gleichwertigkeit der Menschen, für das es letztlich keine Rechtfertigung geben darf. Die verheerenden Auswirkungen des Patriarchats sind längst erforscht und beschrieben und allerorten immer noch sichtbar. In einem hierarchischen System werden Männer über Frauen gestellt, werden Menschen über die Natur gestellt und eine Gottheit über die Menschen. Damit wird Machtmissbrauch die Tür geöffnet.

Eine Kirche der Zukunft kann sich Jesus von Nazareth als Vorbild nehmen, der durchaus patriarchatskritisch gelebt und gelehrt hat. So konnten in der Jesusbewegung und in der frühen Kirchen Frauen und Männer gleichberechtigt das Evangelium verkünden und die Kirche gestalten. Eine Kirche der Zukunft würde nicht länger in der öffentlichen Wahrnehmung als Bastion des Patriarchats erscheinen. Wenn in einer jüngsten Umfrage die Kirche im Vertrauensindex an zweitletzter Stelle genannt wird, wenn Abertausende Enttäuschte die Kirche verlassen, wenn die Gottesdienste immer spärlicher besucht werden, dann sind das Indikatoren, die zeigen, dass es auch Strukturveränderungen in Richtung Gleichberechtigung bräuchte. Der Pflichtzölibat wäre dann endgültig Vergangenheit, die Macht in der Kirche auf alle Geschlechter verteilt, das Volk Gottes nicht mehr zweigeteilt in Kleriker und Laien, homosexuelle Menschen müssten sich nicht länger als letztlich sündhaft fühlen. Weil die Weltsynode in diesen wichtigen Fragen keine wirklichen Ergebnisse brachte, bin ich enttäuscht. Was bleibt, ist dennoch die Hoffnung, dass nun die Bischöfe und alle Gläubigen vor Ort die Worte des Papstes sich zu eigen machen und selbst mutig aufbrechen und nicht auf den patriarchalen Strukturen sitzen bleiben. Werde ich dies ganz konkret in meiner Diözese erleben?

Klaus Heidegger

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