Es mag merkwürdig klingen, dass ich als begeisterter Tourengeher noch nie den leicht erreichbaren (mit Öffis bis zum Lizumer Parkplatz) Gipfel des Widdersberg angesteuert habe, der eigentlich mehr eine Kuppe als ein Gipfel ist. Geplant war auch diesmal etwas anderes: Die Marchreisenrinne, doch lag darin zu viel frischer Triebschnee. Wir bogen also im Lizumer Kar in nord-westlicher Richtung zur Kuppe des Widdersberg ab. Starker, fast orkanartiger Wind fegte um die Gipfel der Kalkkögel. Die vielen Rinnen dort hinauf sind verlockend und wirken herausfordernd. Auch wenn ich davor Respekt habe, ziehen sich mich an – bei wohl besseren Bedingungen einmal. Sanft und sonnenbeschienen geht es die kupierte Flanke hinauf zum Widdersberg. Bei den fast exakt 1000 Höhenmetern Aufstieg gibt es zwei Welten: Zunächst die industrielle Skiwelt am Großparkplatz der Axamer Lizum, der sich an diesem Drei-Königs-Feiertag innerhalb einer Stunde füllt. Ein wenig geht es der feinrippig präparierten Damenabfahrt entlang hinauf und dann einen etwas steileren Hang hinein ins Lizumer Kar. Stets beeindruckend sind die Felswände der Kalkkögel. Auf der anderen Seite der Flanke, die zur Kuppe des Widdersberg führt, ist High-Tech-Skiwelt und Hochbetrieb, auf der anderen Seite ein einsames Kar, das von stolzen dolomitenähnlichen Gipfeln gesäumt wird. Das künstlerische Gipfelkreuz am Widdersberg ist eigenartig schön mit einer tiefen theologischen Bedeutung. Aus einem dicken Holzbrett wurde ein Kreuz geschnitten – so ist das Kreuz zum Licht geworden.
Klaus Heidegger