Liebe Freundinnen und Freunde!
Ich sehe bei der Kundgebung hier schon etwas sehr Wichtiges. Wir stehen bereits seit einer Stunde, bei Minusgraden, und dennoch seid ihr nicht müde. Im Gegenteil: Ihr beweist Standfestigkeit bzw. Standhaftigkeit – und das ist das, was wir in der aktuellen politischen Situation in unserem Staat so fest brauchen. Standfestigkeit gegen die blau-schwarzen Gefahren des Demokratieabbaus, des Faschismus, des Sozialabbaus und der Negation ökologischer Notwendigkeiten. Danke, dass Ihr so standhaft seid!
Ich bin eingeladen worden, als Vertreter der Katholischen Aktion der Diözese Innsbruck zu euch zu reden. Die Katholische Aktion Österreichs hat zuletzt mehrmals dazu ermutigt, die Kundgebungen und Demonstrationen gegen die Inhalte der Kickl-FPÖ zu unterstützen. Im Wesentlichen sind es vier Gründe, warum wir Nein zu Blau-Schwarz sagen und davor warnen. Diese vier Punkte sind von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern schon deutlich angesprochen worden und ich kann mich daher kurzfassen.
- Nein zu Blau-Schwarz, weil es ein Nein zu all dem ist, was die Blauen unter dem grauslichen Begriff „Remigration“ umsetzen möchten. Wir sagen aber Ja zum internationalen Völkerrecht, Ja zur menschenrechtskonformen Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden und Ja zu deren Integration. Zur christlichen Grundbotschaft gehört, stets auf der Seite der Ärmsten und Schwächsten zu stehen.
- Nein zu Blau-Schwarz, weil das Budget nicht auf dem Rücken der einkommensschwachen Bevölkerungsteile im Land konsolidiert werden soll. Ja zu einer sozialen Umverteilung und zu Maßnahmen, die mehr Gerechtigkeit für alle bedeuten. Es ist die Aufgabe der Kirchen, auf Seite der sozial Schwachen zu stehen.
- Nein zu Blau-Schwarz, weil es dringend entschiedene Maßnahmen braucht, um die Klimaziele zu erreichen. Ja zu Klimaschutzmaßnahmen, Ja zu Windrädern, Ja zu einer deutlichen CO-2-Besteuerung und Ja zu den anderen Klimaschutzmaßnahmen. Es ist Aufgabe von uns allen, für die Bewahrung der Lebensgrundlagen einzustehen. Es gibt das große Artensterben nicht wegen der Windräder, sondern wegen der Klimakrise.
- Nein zu Blau Schwarz, weil unser Land aus der Geschichte lernen sollte, wohin eine rechtsextrem-nationalistische Politikmit einer Infragestellung der Pressefreiheit und einer unabhängigen Justiz, mit dem Schüren nationalistischer Ressentiments führt. Daher können wir nicht laut genug rufen. Nie wieder! Nie wieder! Nie wieder!
Ich möchte Sie am Ende meiner Rede noch einladen, den Blick nach oben zu richten. 13 Meter über unseren Köpfen steht auf der korinthischen Säule auf einer Mondsichel Maria, Mirjam, diese Frau aus dem Judentum, die Mutter des Messias, Marjam ibn Ischa, wie sie im Islam ehrfurchtsvoll genannt wird. Wenn wir einen Text lesen, der dieser Frau zugeschrieben wird, dann hört sich das an wie eine Anti-These zu dem, was von Blau-Schwarz angedacht wird. Maria sang das revolutionäre Lied, in dem es heißt: „Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.“ Und weiters: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.“ Hinter mir ist die Statue der Heiligen Anna, der Oma von Jesus. Man könnte ihr eine rote Strickmütze aufsetzen, weil sie sich heute wohl solidarisieren würde mit den „Omas gegen Rechts“.
Die Säulenheiligen wüssten, wären sie lebendig, warum sie sich an den Donnerstag-Demos beteiligten, sahen sie doch an eben diesem Ort in den Märztagen des Jahres 1938, wie SA-Männer und andere Hitleranhänger die Maria-Theresien-Straße als ihr Aufmarschgebiet mit Gewalt eroberten. Ein Teil der Kirche war damals zu wenig klar gegen diese faschistischen Entwicklungen. Die Kirchen haben daraus gelernt und haben heute ihren Platz auf Seite des Widerstands gefunden. Maria auf der Annasäule musste mitansehen, wie schon vor dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland aus den Fenstern der Prachthäuser Hakenkreuzfahnen wehten und in den Lokalen jenes Deutschlandlied gesungen wurde, das noch heute die freiheitlichen Burschenschafter so gerne singen. Maria auf der Säule war Zeugin, als am 5. April des Jahres 1938 der Volkskanzler mit seinem Adjutanten Himmler die Gauhauptstadt besuchte und begleitet von Schützenkompanien und Musikkapellen und umjubelt von Tausenden vom Gauhaus durch die mit Hakenkreuzfahnen verunzierte Maria-Theresien-Straße zum Adolf-Hitler-Platz vor dem Landestheater zog. Maria könnte auch die Täter nennen, die ein paar Monate später in der Reichspogromnacht die Scheiben der jüdischen Geschäfte einschlugen und schlimmer noch, einige jüdische Bürger in den Innauen bestialisch ermordeten. Jene Täter waren schlagende deutsche Burschenschafter. Ich erwähne dies heute ganz bewusst, weil der 17. Jänner der Tag des Judentums ist. Das große Einkaufszentraum hinter mir war damals nicht im Besitz eines Rene Benko, sondern gehörte von der Tradition her erfolgreichen jüdischen Kaufleuten.
Ich habe es bereits gesagt, genauso wie ein anderer Redner bei der Donnerstagsdemo vor einer Woche. Wir müssen aus der Geschichte lernen, wie Führerprinzip, Abschaffung der Pressefreiheit, nationalistische Volksideologie und rassistische Grundeinstellungen uns in finstere Zeiten führen können. Ja, Maria würde mit uns wohl heute laut von der Annasäule hinunterrufen: „Nie wieder!“ Und die Säulenheiligen da unten hinter mir – Anna, Kassian, Georg und Vigil – sie würden ebenso laut rufen: „Nie wieder!“ „Nie wieder!“