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Zum Gelingen einer ganz besonderen Skitour zählen meist viele Faktoren. Erstens war bei der vergangenen Tour in der Bergriesenwelt der Stubaier die kompetente und umsichtige und kreative Planung und -führung von den beiden Tourenführenden vom Haller Alpenverein. Auf die beiden ist Verlass, dass die Wahl der Route passt, spannend ist, außerhalb der üblichen Spuren liegt und trotzdem sicher gelingen wird. Die Tour sollte einerseits ein Fortgeschrittenentraining fürs Tiefschneefahren sein, wurde aber wetterbedingt dann zugleich zur hochalpinen Tour. Zweiter Faktor ist eine Gruppe, in der sich alle bemühen, ihr Bestes zu geben, aufeinander schauen und auch die Herausforderungen mit Verve annehmen. Diesmal waren wir 11 Leute. Zu den äußeren Faktoren zählen Wind und Wetter, Sonne und Wärme und Kälte. Sehr windig war es. Der Wind fegte die Schneekristalle wunderbar über die Gletscherfläche und sie reflektierten das Licht der flachen Jännersonnenstrahlen. Der Himmel war tiefblau und der Schnee schneeweiß. Und nun zur ungewöhnlichen Route.
Mit Liftunterstützung der Stubaier Gletscherbahnen geht es bis zum Endpunkt des Schlepplifts Daunscharte. Die Tourenführerin gräbt von dort mit Elan und Sicherheit eine Spitzkehrspur hinauf Richtung Daunscharte (3155 m). Dann geht es auf der anderen Seite hinunter. Es ist fast wie Tag und Nacht. Auf der einen Seite Gletscherskibetrieb und hier nun unverspurte hochalpine Bergeinsamkeit. Ein paar Meter heißt es, sich an einem Fixseil hinunter zu hanteln – mit Ski am Rucksack. Dann eine Steilabfahrt hinunter auf den noch spurlosen Sulztalferner. Die imposante Wilde Leck ragt im Westen auf. Irgendwo weit unten ist die Amberger Hütte und ganz hinten das Sulztal. Über ein paar Stufen können wir in herrlichem Pulver Spuren ziehen, bevor dann der Aufstieg östlich hinauf zum Daunjoch beginnt. Die Rinne wird am Ende sehr steil. Hinunter geht es schließlich die Glamer Grube mit einem herausfordernden Einstieg. Weit unten stoßen wir auf die Skiroute Wilde Grub’n, die offiziell geschlossen ist. 2157 m Abfahrt – meist im Pulver, 689 m Aufstieg mit Fellen. Wohl wichtiger noch als solche Zahlen: die gemeinsam geteilte Freude an Bewegung in majestätischer Bergwelt. Angesichts der aktuellen tristen politischen Situation in Österreich stärken solche Tage.
Klaus Heidegger