Lichtvolle Inspiration gegen kriegsgeile Gedenkkultur

Schon immer haben mich die „Schwarzen Mander“ mit kaltem Schauer abgeschreckt. Die 28 überlebensgroßen Bronzefiguren bewachen das Pseudo-Grabmal von Kaiser Maximilian I. in der Innsbrucker Hofkirche. Eigentlich sind es nur zwanzig Männergestalten, weil tatsächlich sind acht Frauen dabei, aber die werden in der Herrschaftsgeschichte meist mitgemeint. Eigentlich ist das Grabmal irgendwie ein Fake, weil der Kaiser selbst nicht in der von ihm konzipierten Grabeskirche und entsprechendem Kenotaph zur letzten Ruhe kam. Der Kriegskaiser der Habsburger passt auch besser zur Militärkathedrale in Wiener Neustadt, wo unter dem Hochaltar die kaiserlichen Gebeine eingelagert sind. Aber zurück in die „Schwarzmander“-Kirche und zurück zu jenem Kaiser, der Innsbruck als Hauptquartier für seine Kriegszüge erkor. Auf seinem Grabmal wird er in der Bronzefigur kniend im Gebet und in ritterlicher Rüstung dargestellt, er, der weite Teile Europas mit seinen Söldnertruppen mit Krieg überzog. Seine Landsknechte verübten Gräueltaten an der Zivilbevölkerung – und überliefert ist, dass der Kaiser selbst einen Landsknecht eigenhändig umbrachte, weil er einen Dienst verweigert hatte. Die Kriegspolitik führte zu einer enormen Verschuldung des Reiches und zu Armut und Elend. Das Goldene Dachl ganz in der Nähe hat angesichts der verheerenden Politik des „letzten Ritters“ längst seinen Glanz verloren.

Die Hofkirche mit dem Grabmal von Maximilian I. ist daher wohl ein besonderer Ort für eine Kunstintervention zum Thema Frieden. Der Künstler Peter Noever nennt sie selbst „PEACE Light“ und bringt eine gelungene Störung in den mit Kriegskultur schwulstigen Kirchenraum. Eine 10 Meter lange Metallskulptur führt seitlich entlang einiger Schwarzer Mander zum Grabmal des Kaisers. Man kann im Museumsshop „Friedensglühbirnen“ erwerben, die dann das Metallband gesteckt werden können und dort zum Leuchten beginnen. So werden Besuchende selbst Teil der Kunstinstallation. Alle sind eingeladen, einen Beitrag zu leisten, etwas im Hier und Heute zu tun, damit das Licht des Friedens in dieser kriegerischen Welt zu leuchten beginnt. So erhellen an diesem Wintertag unmittelbar vor dem Fest „Mariä Lichtmess“ die „Peace bulbs“ die Schwarzen Mander in ihren Kriegsrüstungen und mit ihren Mordinstrumenten, das marmorne Denkmal für Andreas Hofer und die Gedenktafel für die „Tiroler Helden“ des „Freiheitskampfes“ und selbst die Grabplatte für fragwürdige Männer wie Joseph Haspinger. Über dem Grabmal leuchtet in Neonschrift „PEACE light“.

Zur Kunstinstallation zählen auch die Friedensplakate im Hof des Volkskunstmuseums. Eines zeigt wie in einer paradoxen Intervention eine Reiterfigur, die aber nicht wie üblich stolz Schwert oder Lanze in der Hand schwingt, sondern eine weiße Fahne. „The Hero“, nennt die Künstlerin Marina Abramovic ihr Plakat. Durch das geöffnete Tor sehe ich hinaus zum Platz vor dem Haus der Musik. Dort steht der andere Held, die Reiterstatue für den Tiroler Landesfürsten Leopold. Er hält keine weiße Fahne in der Hand.

Kurz rede ich noch mit der Frau, die Besucherinnen und Besucher der Hofkirche beaufsichtigt, dass die bronzenen Figuren nicht begrapscht werden. Seit Beginn der Ausstellung wäre da wenig Interesse oder Verständnis für die Kunstintervention zu beobachten gewesen. Die meisten würden es einfach nicht verstehen – oder verstehen wollen. Sie kämen auch nicht deswegen in die Hofkirche, sondern um die Schwarzen Mander und das Grabmal zu sehen. Am Fest Mariä Lichtmess endet die Kunstintervention. Die Kriege werden wohl weitergehen.

Beim Ausgang durch den Museumsshop gehe ich an Dutzenden Büchern über Kaiser Maximilian I. vorbei. Noch nicht lange her ist das Maximilian-Gedenkjahr. 2025 könnte ein anderes Gedenkjahr sein. Wieder sind es 500 Jahre. 1525 war der Tiroler Volksaufstand – wohl auch eine Reaktion auf die Habsburger-Repressionen. Ich denke an Michael Gaismair. Im Museumsshop findet sich kein Buch über ihn.

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