Auf meinen unplanmäßigen Streifzügen kreuz und quer durch das gotische Viertel von Barcelona stolpert mein religiöser Entdeckergeist über überraschend Neues, das in keinem der Reiseführer steht und von den Touristenmassen übersehen wird, ist es doch auch außerhalb der vorgegebenen Routen, die ein Tourist im Autopilotmodus wählt. Die spanischen Gläubigen kennen ihre „Heilige“, benennen Orte nach ihr und Geschäfte und Einkaufsviertel und in Barcelona gibt es auch eine U-Bahnstation „Eulàlià“. Eulàlia gilt schließlich auch als Patronin der Meere. Als solche muss sie angerufen werden angesichts der Tatsache, wie sich die Meere erwärmen und wie die Fischstände bedrohlich zurück gehen.
Auf einem Rolladen ist Eulàlia hinaufgesprayt. Der Rolladen ist unten – und so ist sie erschienen. Ihr Grab ist in der nahen Kathedrale in der Krypta zu finden. So lautet auch der Name dieses wichtigsten alten Kirchenbau Barcelonas Catedral de la Santa Creu i Santa Eulàlia. Eulàlia stand in Zeiten der Christenverfolgung zu ihrem Glauben und wurde deswegen grausam unter Diokletian im Jahr 290 ermordet. Die Legende sagt, dass Schnee gefallen sei, als sie starb, der ihren Körper bedeckte.
In mehreren Aspekten passt die Geschichte der Eulàlia zu jener der Hl. Barbara, deren Gedenktag heute gefeiert wird. Es ist vor allem eine konsequente Nachfolge Jesu, die bereit ist, bis zum Letzten zu gehen. Die Heilige Eulàlia wie die Heilige Barbara und mit ihr die vielen Märtyrerinnen und Märtyrer sind Zeuginnen dafür, dass es möglich ist, ohne Kompromisse zu den eigenen Glaubensüberzeugungen zu stehen. Das könnte für mich heute bedeuten: Nicht aufhören, an die Kraft der Gewaltfreiheit zu glauben. Nicht aufhören, sich dem Mainstream zu widersetzen, in dem die Schöpfung mehr und mehr zerstört wird. Ich sehe Menschen von der Gruppe „Letzte Generation“ durchaus im Gefolge der Eulàlia wie Hl. Barbara. Umweltaktive werden mit Worten „getötet“, wenn sie von Vertretern einer bestimmten Partei als „Terroristen“ denunziert werden. Eulàlia und Barbara sind widerspenstig und handeln nicht nach dem eigenen Vorteil – etwas, das wir in unserer Welt so dringend brauchen. Die Welt wird nur durch Menschen gerettet werden, die Mut beweisen und den imperialen Mächten im Heute Widerstand leisten.
Klaus Heidegger, Barcelona am 4.12.2022
Mein Barbarazweig, http://www.klaus-heidegger.at/?p=4433 Gebet zur Hl. Barabara, http://www.klaus-heidegger.at/?p=5834