An einem Montagvormittag, an dem der Wetterbericht Regen vorhersagte, am ersten Tag nach den Weihnachtsferien, ist das weiße, eisige Kunstschneeband wie verlassen. Nur selten kratzt wer mit den Ski oder dem Snowboard hinunter. Links und rechts des Aufstiegs starren mich die Schneekanonen und Schneelanzen wie kleine Monster an, die über viele Wochen in den kälteren Dezembertagen den Schneeersatz erzeugten, ohne den ein Skifahren auf Innsbrucks bekanntestem Hausberg in Zeiten des Klimawandels nicht mehr möglich wäre. Kunstschnee fühlt sich so anders an. Hart und eisig: er hat nichts von der Weichheit und Sanftheit des wirklichen Schnees. Kunstschnee hört sich anders an. Laut und schrill – er hat nichts von der Ruhe und Unaufgeregtheit des wirklichen Schnees. Ein wenig reden wir beim Aufstieg über „Gott und die Welt“, hören den Lärm der Stadt unter uns nicht mehr – oder nehmen ihn halt weniger wahr, ignorieren die gelben und grauen Stahldinger, die da zwischen dem weißen Band und den grün-braunen Wiesen stehen. Die Alternativaufstiege außerhalb der Piste sind bei diesem Schneemangel nicht machbar. Die Felle halten trotz der Steilheit und des eisigen Untergrunds. Der Kofel soll eine der am meisten frequentierten Pistenskitouren sein. Heute sind wir fast alleine. Der Aufstieg zum Gipfel von der Patscherkofel-Bergstation weg ist dann im freien Gelände; zwischen kleinen Zirben und Latschen lässt sich eine Route finden, die nicht über Steine und Felsbrocken führt. 1265 Höhenmeter sind es von der Talstation weg bis zum Gipfel. Ein eiskalter Wind bläst zwischen dem Gipfelkreuz und den Sende- und Funkanlagen. Das längst geschlossene Gipfelrestaurant hat schon lange seine ursprüngliche Funktion verloren. Es wirkt im kalten Schneegestöber fast gespensterhaft und man könnte meinen, auf einem der vergilbten Schilder stehe 1 Cola 5 Schilling. Aber das ist wohl Phantasie. Jedenfalls verstärkt dieses verlassene, alte Gipfelgebäude meine Weltuntergangsstimmung, die ich zu bestimmten Anlässen oft spüre. Früher einmal – als es noch Schnee gab – gab es auch einen einfachen Sessellift bis zum Gipfelkreuz. Schneelos sind die braun-grün-grauen Täler und Ortschaften am Fuße des Patscherkofels. Vom Gipfel hinunter nehmen wir bei dieser Schneelage den Forstweg – der geht gut – und dann eben kratzen wir auch die Kunstschneepiste hinunter. Ich denke mit Sympathie an die Menschen, die sich heute in Wien als Mitglieder der Letzten Generation auf die Straße klebten, damit endlich besonders im Mobilitätssektor deutliche Maßnahmen zum Klimaschutz getroffen werden. Klar ist auch, dass im Ranking der klimaschädlichsten Aktionen nicht die technische Beschneiung ganz oben steht, sondern die automobile Anfahrt zu den Skigebieten. Die Anfahrt zu den Skiliften oder zu den Skigebieten mit Öffentlichen Verkehrsmitteln sollte daher zum Normalfall werden. Die Patscherkofel-Talstation ist jedenfalls in wenigen Minuten vom Zentrum der Stadt Innsbruck aus mit Öffis (Linie J) gut erreichbar. Die Freude am Erleben des Innsbrucker Hausberges bleibt freilich auf diesem absurden Kunstschneeband doch etwas gebremst und mein Bergerleben wird – wenn es so weiter geht – doch wieder so wie tags zuvor öfters beim skifreien Bergsteigen auch im Winter liegen.