Die Überschrift ist Programm. Man nennt es ja nicht mehr „Pulver“, sondern spricht und schreibt – vorzüglich auf Insta – von Powder. Gemeint ist der feinkörnige Schnee, der sich wie ein kuscheliges dickes Federbett als verspätetes Weihnachtsgeschenk auf den Bergen ausgebreitet hat. „Geiler Powder“, hörte ich gestern öfters am Rande der Pisten am Hoadl. Die kalte Luft bewahrt die flockige Konsistenz des Neuschnees, der bei den Schwüngen aufgewirbelt wird wie Schaumkronen auf dem Wasser – ist ja letztlich auch nichts anderes als Wasser in einer spezifischen Form. Bei Lawinenwarnstufe 3 sollten nur sichere Touren gewählt werden. Der Gilfert ist bei entsprechender Routenwahl RELATIV sicher. Dennoch haben wir die komplette LVS-Ausrüstung mit und halten beim Aufstieg über die Hänge einen Abstand, wie er lehrbuchmäßig in den LVS-Kursen zu finden ist und warten bei der Abfahrt immer so lange, bis jemand von uns beiden am Ende des Hanges angekommen ist. Einige bekümmert der 3er nicht. Sie bleiben als Gruppe bei der Abfahrt mitten in steilen Hängen stehen, fahren gemeinsam in Rinnen hinein und beim Aufstieg picken sie in naiver Unbekümmertheit abstandslos aufeinander. Aber zurück zum Pulver. Heute gab es wirklich viel davon. Das Skifahren gleicht eher einem Wellenreiten. Ich spüre den feinen Schnee bis zu den Knien hinauf. Es gilt eine Balance zu finden, bei der man weder zu sehr in die Knie geht, um nicht vorne einzustechen, noch zu weit hinten zu sitzen, um trotz der Tiefe des Schnees noch schöne Kurven machen zu können. Wenn die Balance passt, ist es ein traumhaftes Hinuntergleiten. Man sollte nur nicht hinfallen, sonst muss man sich gleich mühsam aus dem tiefen Schnee wieder herausbuddeln. Diese Art der Bewegung ist wohl auch metaphorisch für das Leben. Unser Ziel war der Hausberg der Weerer und Weerberger, einer der wohl am meisten begangenen Gipfel mit dem wunderbaren Blick hinunter ins Inntal, in das Skigebiet von Hochfügen im Südosten und dem Rastkogel am Ende des Nurpenstales. Von daheim aus konnte ich den Gipfel immer sehen. Auch wegen seiner sicheren Aufstiegsmöglichkeiten zählt er zu meinen Lieblingsskitourenbergen mit allen möglichen Erlebnissen, von Sonnenaufgängen bis zu Extrem-Bruchharschabfahrten. Das besonders Schöne an den Bergen ist, dass sie jedes Mal anders sind, einmal Bruchharsch, einmal Firn, einmal Eis – oder eben auch Pulver, einmal frühlingshaft warm und windstill, einmal eisig kalt und stürmisch. Heute kommt ein neues Gilfert-Erlebnis dazu. Die letzten Tage brachten einiges an Neuschnee und verbunden mit der Kaltluft bleibt er so pulvrig, wie er vom Himmel kam. Von Innerst bis zum Gipfel des Gilfert auf 2506 m sind es knapp 1300 Höhenmeter. Weil es so gut geht, fellen wir bei der Nonsalm noch einmal auf und gehen ein zweites Mal die Hänge hinauf.