Soll ich mich auf den Weg machen, um die gefühlt 1000ste Veranstaltung zu besuchen, die sich mit dem Thema des Sexismus in den Strukturen der katholischen Kirche beschäftigen wird? Von „Sexismus“ wird bei der Tagung aber wohl niemand reden, dabei ist die Definition dieses klaren Begriffes so einfach: Frauen dürfen wegen ihres Geschlechts in der katholischen Kirche nicht, was Männer dürfen.. Werden beim dies facultatis der Katholischen Fakultät der Universität Innsbruck, der zugleich Diözesantag ist, klare Worte gefunden werden? Wird vielleicht von „sündhaften Strukturen“ gesprochen, die mit dem kirchenrechtlichen Ausschluss von Frauen aus den Weiheämtern verbunden sind? Ist nicht schon längst alles gesagt: dass es keine biblisch-theologischen Argumente gibt, die eine Diskriminierung wegen des Geschlechts legitimieren würden! Als Bundessekretär der Kath. Jugend Österreichs habe ich schon vor mehr als 30 Jahren an x Veranstaltungen zu diesem Themenbereich mitgewirkt. Zwar sind seither viele Frauen in verantwortliche Stellen der Kirche aufgerückt, gerade auch in meiner Diözese, an den ungerechten und nicht rechtfertigbaren Strukturen hat sich aber trotz der vielen Sitzungen, Tagungen, Vorträge und Bücher nichts verändert. Wird der von Papst Franziskus seit Herbst 2021 angelegte große weltweite synodale Prozess eine Änderung bringen? Helmut Schüller sprach kürzlich in einem ORF-Interview davon, dass er müde geworden sei, an noch weiteren Sesselkreisen zu Kirchenreformen teilzunehmen. Es sei längst an der Zeit, einfach etwas zu tun, das eine neue, eine partizipative und gendergerechte Kirche lebendig werden lasse.
Aber ich gehe wieder hin, möchte selbst als Vorsitzender der Katholischen Aktion Synodalität ernst nehmen: „Synodalität leben – Verantwortung geschlechtergerecht teilen“ lautet der verheißungsvolle und programmatische Titel der Veranstaltung. Es ist wichtig, dass die einladenden Organisationen, die für Kirche und wissenschaftliche Theologie stehen, so lange am Thema bleiben, bis es endlich einmal zu einer Lösung kommt. Ich weiß: Das Thema nervt und ich kann manche Gedanken lesen: „Nicht schon wieder!“ So lange es aber keine Geschlechtergerechtigkeit gibt, braucht es dieses lästige „Wieder!“ Ich höre auch: „Es gibt doch wichtigere Themen für die Kirche!“ Auch das ist richtig, aber zugleich gilt: Das, was für die Kirche wirklich wichtig ist, die großen Probleme der Menschen im Blick zu haben und vom Glauben her darauf Antworten zu geben, ließe sich viel besser anpacken, gäbe es nicht die strukturellen und lähmenden Belastungen. Daher braucht es die Bereitschaft, Lösungen in Fragen der Gendergerechtigkeit zu finden im gemeinsamen Dialog von universitärer Theologie auf der einen Seite und jenen, die konkret in der Kirche Funktionen haben, andererseits.
Bischof Hermann Glettler spricht in seinen Begrüßungsworten auch jene an, die nicht hier sind und gedanklich mitgenommen werden sollten und auf die man auch hören müsste. Ich denke dabei an jene vielen, die längst schon der Kirche überdrüssig geworden sind, weil diese nicht bereit für Reformen ist. Ich denke an jene, die wegen des vielfach patriarchalen Erscheinungsbildes der Kirche – eine negative Verquickung von Klerikalismus und Sexismus – gar nicht mehr einen Zugang zur Kirche finden. Dazu zählt vor allem ein Großteil der Jugend. Willi Guggenberger, Dekan der Kath. Fakultät, erinnerte in seiner Begrüßung daran, dass die kirchlichen Strukturen nie Selbstzweck sein dürften. Die Frage lautet, wie sehr sie dem Ziel dienen, dass die Kirche ihrem Dienst gerecht werden könne. Die Fundamentaltheologin Michaela Quast-Neulinger stellt Maria als „Urtypin“ für eine hörende und dienende Kirche als Referenzgröße vor. Bernhard Kranebitter kann auf ein erfahrungsreiches Priesterleben zurückblicken. Sein zölibatäres Priesterleben würde, so sagte er persönlich, weder durch verheiratete Priester noch durch geweihte Frauen in Frage gestellt, sondern könnte im Gegenteil in seiner Besonderheit und Funktion noch besser wahrgenommen werden. Vor allem schlug der Dekan von Innsbruck und Pfarrer von Allerheiligen/Kranebitten konkrete Modelle vor, wie Gendergerechtigkeit und umfassende Partizipation gelebt werden könnte – beispielsweise durch eine Beauftragung eines ganzen Pfarrteams für pastorale, liturgische und diakonische Aufgaben. Petra Steinmair-Pösel, Rektorin der KPH, berichtete von der Kontinentalsynode und der Botschaft, dass eine stärkere Einbeziehung von Frauen nicht aus einem Mangel heraus geschehen dürfe, sondern aufgrund der gemeinsamen Berufung. Mit Blick auf ihre Ordensgemeinschaft und ihrem Gründer, dem Heiligen Benedikt, brachte Schwester Philippa Rath ein konkretes Beispiel, dass Synodalität gelebt werden kann. Allerdings, das wurde mir im Laufe dieses Nachmittags einmal mehr bewusst, muss immer auch definiert werden, was mit Synodalität verstanden werden kann. Der Eindruck bleibt, dass trotz dieser so wichtigen Gesprächsprozesse und Konferenzen, zwar beraten wird, dass aber letztlich die Entscheidungen doch wieder von einem kleinen Kreis von Bischöfen getroffen werden. Man kann so Synodalität auch als Strategie verstehen, um unter diesem Deckmantel die zugrundeliegende hierarchische Struktur der Kirche zu verdecken. Da bin ich jedenfalls wieder dankbar für das Modell der Katholischen Aktion, wo in den Gliederungen demokratisch beraten UND entschieden wird, partizipativ und gendergerecht.