Arnplattenspitze zwischen Winter und Sommer

Mein Kopf ist noch nicht ganz auf skiloses Bergsteigen umgestellt. Der Neuschnee hoch oben verlockt eigentlich auch jetzt Mitte Mai weiterhin zu Skitouren im Hochgebirge. Weder Lawinensituation noch Wetter bieten sich heute aber dafür an. Also doch den Modus auf Bergsteigen gestellt. Mein Freund hatte gleich die passende Idee dazu: Die Arnplattenspitze. Diese beeindruckend besondere Gipfelgestalt ragt im Norden des Seefelder Plateaus auf. Bei meinen Skatingrunden in Seefeld habe ich oft respektvoll hinaufgeschaut und mir eigentlich nicht gedacht, dass meine bergsteigerischen Voraussetzungen für diesen Felsturm noch ausreichen würden.

Dort, wo die Leutascher Ache sanft dahinfließt, im Weiler Ahrn (1100 Hm), beginnt bei einer Hinweistafel der steile Waldaufstieg. Im schnellen Aufstiegstempo passiert es gleich mehrmals, dass ich den schmalen Steig verliere und auf irgendwelchen Wildpfaden lande. Ein breiter Rücken führt dann stetig durch Latschengassen über zwei kleine Gipfel zur Arnplattenspitze. Als ich die kühne Felsgestalt so nahe sehe, denke ich mir: Da werde ich wohl sicher nicht hinaufgehen. Zuversichtlich steuert mein Freund, der diesen Gipfel gut kennt, aber das Ziel an. Zwischendrin sinken wir immer wieder etwas im faulen Schnee knöcheltief ein. Vom Norden her werden dicke Wolken geschoben. Das Wetter hält aber. Die Sonne scheint. Der Felsturm kommt immer näher. Die Markierungen sind gut. Und dann sehe ich aber beim Einstieg der Kraxelei über die Schlüsselstellen ein Stahlseil gespannt. Das macht zuversichtlich. Die Kletterei im Schwierigkeitsgrad II passt, auch wenn es bröselig-rutschiger-lockerer Wettersteinkalk ist. Es bedeutet halt, sich genau auf Schritte und Griffe zu konzentrieren. Der Ausblick vom Gipfel (2171 m) nach zweieinhalb Stunden Aufstiegszeit und 1200 Höhenmetern ist beeindruckend. Im Norden die Große Arnspitze, mit der ich eine besondere Gemeinschaftserfahrung verknüpfe, und der Grenzlandkamm hinaus nach Mittenwald, wo ein türkisgrüner See liegt; im Westen die unzähligen Wettersteingipfel, wo in den Tälern noch sehr viel Schnee liegt; im Süden tiefgrün das Seefelder Hochplateau und im Osten das Meer der Karwendelgipfel. Zum Abstieg wählen wir ab dem Sattel den schneefreien Steig hinunter zum Hohen Sattel und gemütlich geht es von dort einem märchenhaften Bach entlang einer Forststraße zurück zum Ausgangspunkt. Menschen haben wir auf der ganzen Rundtour – mit all den Pausen etwas weniger als fünf Stunden – keine getroffen.

k.heidegger

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