Wenn es normal ist, trotz der Folgen des Klimawandels den Planeten Erde und seine verletzliche Schutzschicht mit Treibhausgasen in apokalyptische Katastrophen zu manövrieren, bin ich gerne außerhalb dieser verbrecherischen Zerstörungsnormalität.
Wenn es normal ist, dass flüchtende Menschen an den Grenzen zurückgeschlagen werden und neue Mauern gegen Asyl- und Klimaflüchtlinge aufgezogen werden, will ich mich dieser Herrschaftsnormalität verweigern.
Wenn es normal ist, einfachste gesetzliche Maßnahmen wie Tempo 30/80/100 nicht umzusetzen und weiterhin vom „Autoland“ Österreich zu reden, will ich dieser wahlkampforientierten Populismusnormalität widersprechen.
Wenn es normal ist, in den heimischen Supermärkten selbst im Sommer Gemüse aus einem von Dürre und Wassermangel betroffenen Spanien und Früchte aus anderen Kontinenten zu kaufen, soll mein Lebensstil nicht dieser Kapitalismusnormalität entsprechen.
Wenn es normal ist, dass verbrecherische Waffensysteme wie Streubomben von angeblich zivilisierten Nationen in blutige Schlachtgebiete geliefert werden, will ich aufstehen gegen diese Kriegsnormalität.
Wenn es normal ist, die Reste von sterbenden Gletschern mit weißen Vliesmatten zu überziehen, statt alles gegen die Erderhitzung zu unternehmen, bin ich lieber auf Seiten der Norm von Wissenschaft und unterstütze Science for Future, Letzte Generation und Extinction Rebellion.
klaus.heidegger, 10. Juli 2023
(zum Bild: „Normalität am Stubaier Gletscher im Sommer 2023“, aufgenommen am 8. 7. 2023)
Zum Hintergrund dieses Textes: Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat in ihrer Politkarriere schon mehrmals mit markanten und wohl bewusst wahlkampforientierten populistischen Sprüchen auf sich aufmerksam gemacht. Bekannt geworden ist aus den veröffentlichten Chatprotokollen ihr Sager „Rote bleiben Gsindl!“. Ob der Satz, man dürfe sich in einer harten Asylpolitik nicht von „weinenden Kinderaugen erpressen lasse“, tatsächlich von der Ex-Innenministerin stammt, sei dahingestellt. Er würde jedoch zu ihr passen. Die bereits mehrfach genannte Diktion von Mikl-Leitner, sie verkörpere die „normaldenkende Mitte“ und wolle für die „normaldenkenden Menschen“ da sein, könnte auch von ihrem Koalitionspatner FPÖ stammen. Zurecht hat der grüne Vizekanzler diese Wortwahl als „präfaschistoid“ (profil 10.7.2023) bezeichnet.
Normal gibt es nicht mehr, weil Autoritäten, die bisher unangreifbar waren, fehlen bzw antastbar sind.