Dienstag, 1. August 2023. Das Wetter ist einer der entscheidendsten Faktoren, um eine Durchquerung der Brenta entlang der exponierten Klettersteige überhaupt verantwortungsvoll machen zu können. Die Wetterprognosen sind schlecht. Morgens um 5.00 Uhr höre ich durch das offene Fenster die Regentropfen auf das Dach der Tuckett-Hütte tropfen. Die ursprüngliche Option, den Bochette-Alta-Klettersteig zur Pedrotti-Hütte zu nehmen, ließen wir gestern abends schon fallen. Auch Gewitter waren vorausgesagt. Die Schlechtwettervariante wäre gewesen, über einen Wandersteig die beiden Hütten miteinander zu verbinden. Doch dann sieht es so aus, dass sich der Sosat-Klettersteig bei dieser Wetterlage als machbar erweisen würde. Drei Stunden sind dafür vorgesehen, 500 Meter im Aufstieg und 200 Meter im Abstieg. Die Route gilt als b-Variante zum Bochette-Weg im Falle von nicht so klettersteiggemäßem Wetter.
Über noch regennasse Felsen geht es hinauf zum Einstieg. Leitern werden erklettert, es geht entlang von Bändern, von denen nur einige gesichert sind, vorbei an großen Blöcken, über Schluchten und dann wieder folgen Steinlabyrinthe und der Steig führt durch so manche Felsspalten. Irgendwo ist das Felsband wie eine niedere Höhle, die auf einer Seite offen ist zu den Abgründen. Ich wähle da die Kriech-Variante. Der Wind spielt mit den Nebelwolken und gibt immer wieder den Blick frei auf die unglaublich steilen Felswände der gigantischen Felstürme. Die Routenwahl ist nicht schwierig. Trotzdem würde ich den Steig nicht als leicht einstufen, weil er doch einiges an Konzentration verlangt und stets meist im exponierten Gelände verläuft. Mit einem Kamin schließt der SOSAT-Klettersteig ab, bevor es in das Geröllfeld darunter geht, wo einst ein Gletscher war. Noch ein paar andere Gruppen haben heute diese Schlechtwetter-Variante gewählt. Meist aber sind wir allein unterwegs. Von Stau keine Rede. Schon von weitem sehen wir die Alimonta-Hütte, die wir am späten Vormittag erreichen. Dort bleibt dann viel Zeit für ein Mittagessen, für Erkundungen rund um die Hütte auf dem breiten Plateau mit den abgeschliffenen Felsplatten, in denen sich wie in einem Gletscher Felsspalten befinden, Zeit auch für das Staunen über die großartigen Berge, die die Hütte wie eine unglaublich gigantische Arena in einem Halbbogen einrahmen. Nach dem Abendessen erleben wir noch einen wunderbaren Sonnenuntergang über der Adamello-Presanello-Bergwelt. Wieder gibt es ein Sechserzimmer für unsere Nachtruhe.